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Mehr Rechte für Frauen: Wertewandel, jetzt weltweit

Die Uno hat es nun verbrieft: Mütter, Töchter, Ehefrauen zu schlagen oder zu vergewaltigen, sie rechtlich und sozial auszugrenzen, das gilt nicht (mehr) als Folklore, als „kulturelle Besonderheit“, als ethnisch oder religiös begründbare Eigenheit einer „Kultur“.

Von Caroline Fetscher

Aufgebracht warnten Ägyptens Muslimbrüder. Gleiche Rechte für Mädchen und Frauen? Wo käme man da hin! Dann hätten sie alle sexuelle Freiheit, könnten verhüten oder lesbisch werden! Ehebrecherinnen und deren illegitimen Söhnen stünden auf einmal gleiche Rechte zu! Ehefrauen könnten ihren eigenen Mann verklagen, wenn der sie vergewaltigt, ganz, als sei der Mann ein Fremder! Frauen könnten plötzlich reisen, wohin sie wollen, und arbeiten, wo sie wollen!

Tatsächlich und wortwörtlich sind das Vorbehalte, die die frommen Herren äußerten, gerichtet gegen die „destruktiven“ Pläne der UN-Kommission zur Stellung der Frau. Familie und Gesellschaft, befanden die Brüder, werde damit „unterwandert“. Ähnlich zornige Sorgen hegten bis kurz vor Schluss der 57. Sitzung der Kommission auch Delegierte aus anderen islamischen Staaten sowie solche aus Russland und dem Vatikanstaat. Doch die Mehrheit hat am Ende gesiegt.

Welten prallen aufeinander, wo immer sich die Weltorganisation Uno der Rechte von Frauen und Kindern annimmt. Dieses Jahr ging es um die Prävention aller Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Es ging um häusliche Gewalt, Frauenhandel, Erbrecht für Frauen, Zwangsprostitution, Zwangsheiraten, rituelle Genitalverstümmelung, sexuelle Gewalt im Krieg. Im Schlussdokument steht nun auch das Recht auf Sexualaufklärung und sexuelle Selbstbestimmung.

Aus den zwei Wochen dieser New Yorker Tagung ließe sich das brisante Drehbuch für einen Polit-Thriller schreiben. Zwei Wochen Wortgefechte, zwei Wochen verbale Kämpfe um körperliche Gewalt unter 2000 Vertretern aller Staaten. Für viele arabische Delegierte ist die Uno, etwa in Sachen Israel, eine sichere Bank. Regelmäßig werden „jüdische“ Untaten verurteilt, oft wird auf „kulturelle Besonderheiten“ Rücksicht genommen. Mit dem aktuellen Dokument aber, das die Staaten verpflichtet, es in Gesetzesform umzuwandeln, scheint ein Durchbruch da zu sein.

Mütter, Töchter, Ehefrauen zu schlagen oder zu vergewaltigen, sie rechtlich und sozial auszugrenzen, das gilt nicht (mehr) als Folklore, als „kulturelle Besonderheit“, als ethnisch oder religiös begründbare Eigenheit einer „Kultur“. Zu dieser normativen Position ist die Mehrheit der Weltgesellschaft gelangt. Inwieweit sie Praxis wird, darauf kommt es an. Am selben Tag, als die Nachricht publik wurde, kam eine andere aus Indien, wo wieder eine Frau das Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde. Leicht lässt sich da sagen, der Weg wäre noch weit. Leicht und leichtfertig.

Denn das Ziel ist rechtlich nun gefunden. Es anzuerkennen, heißt zum Beispiel, dass kein Euro Entwicklungshilfe, kein Cent an Spenden in Projekte fließt, von denen nicht glasklar erwiesen ist, dass dort die neuen Regeln Achtung finden.

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