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MEIN Blick: Wie bei der „Herdprämie“ ... ... so in der Schulpolitik: Die Misere der CDU

Es wird höchste Zeit, dass die Union für die konservative Strömung im Land wieder ein Gesicht findet.

Konservativ sein heißt, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren, hat Franz Josef Strauß einst dekretiert und damit die Entleerung eines Begriffes begonnen, über den innerhalb wie außerhalb der Union erneut gestritten wird. Unstrittig ist, dass bei Wahlen immer mehr Menschen zu Hause bleiben. Strittig ist, was dagegen getan werden kann. Denn während die Kritiker Merkels in der Union das kurzatmig Opportunistische, den Zeitgeist am Rockzipfel Fassende dafür verantwortlich machen, sehen ihre Unterstützer eben jene am Zeitgeist orientierte, pragmatische Lösungskompetenz als einzigen Ausweg aus der Misere der Volkspartei CDU. Und so sind plötzlich der Atomausstieg, längeres gemeinsames Lernen, multikulturelle Lebensformen einer Einwanderungsgesellschaft und ein modernes Familienbild die Fixsterne am konservativen Wertehimmel à la Beust und Müller.

Nun mag es ja richtig sein, dass eine mit den Grünen kooperierende Großstadt-CDU auf anderes Wert legen muss als eine in Niederbayern oder auf der Schwäbischen Alb um Mehrheiten kämpfende Volkspartei. Dafür gab es früher einmal die unterschiedlichen Gesichter und Strömungen. Der katholische Arbeiter wählte CDU wegen Hans Katzer und später Norbert Blüm, der liberale Wirtschaftsprofessor orientierte sich an Ludwig Erhard, und der nationalkonservative Vertriebene fand bei Alfred Dregger und Manfred Kanther Halt und Gründe für eine Stimmabgabe zugunsten der Union. In Hamburg gab es damals schon Erik Blumenfeld und Walter Leisler Kiep, ohne dass deshalb der Nebenerwerbswinzer an der Nahe das Gefühl hatte, seine Frau müsse nun unbedingt ins Büro, um dem modernen Familienbild zu entsprechen. Schließlich waren Frau Kanther und Frau Dregger auch Hausfrauen.

Was die Nachfolger von Konrad Adenauer und Helmut Kohl offensichtlich nicht mehr beherrschen, ist die notwendige Mehrgleisigkeit einer erfolgreichen Volkspartei. Es mag ja sein, dass junge Frauen heute im Allgemeinen arbeiten wollen. Doch statt diese Möglichkeit mittels Wahlfreiheit sicherzustellen und damit auch denen gerecht zu werden, die ihre Kinder zu Hause erziehen möchten, wird aus dem Wunsch vieler ein Gesinnungsdruck gegenüber allen: als ob es für alle besser wäre, dass die Kinder gemeinsam im Kindergarten auf das Leben vorbereitet werden. Wie bei der „Herdprämie“ so in der Schulpolitik. Statt nebeneinander Primarschulen, Realschulen und eben auch unverkürzte Gymnasien bestehen zu lassen und zu sehen, wer am Ende welche Erfolge nach Hause trägt, werden die Gegner des längeren gemeinsamen Lernens zwangsverpflichtet. Doch statt neuer Gesamtschulen werden Ole van Beust und seine grünen Reformer zusätzliche Privatschulen produzieren.

Konservatives Denken heißt eben gerade nicht, einen anderen Anfang zu suchen, sondern die gesellschaftliche Wirklichkeit pragmatisch und ohne Zwang zu verändern. Es wird Zeit, dass die Union für diese Strömung wieder ein Gesicht findet. Denn dass Gesamtschulbegeisterte, leidenschaftliche Feministinnen oder die Befürworter einer möglichst ungehinderten Einwanderung eine Union wählen, die ein paar Schritte in ihre Richtung tut, wird wohl ein frommer Wunsch bleiben.

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