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Meinung: „Meine Uni ist in einer ernsten Situation“

Viel Zeit zum Eingewöhnen blieb Christoph Markschies in seinem neuen Amt nicht. Seit Anfang des Jahres ist er Präsident der Humboldt-Universität, und die erste Krise musste er nach wenigen Tagen meistern: Die Mutter aller Hochschulen flog im Wettbewerb um die Elite-Unis völlig unerwartet schon im Vorentscheid der ersten Runde raus.

Viel Zeit zum Eingewöhnen blieb Christoph Markschies in seinem neuen Amt nicht. Seit Anfang des Jahres ist er Präsident der Humboldt-Universität, und die erste Krise musste er nach wenigen Tagen meistern: Die Mutter aller Hochschulen flog im Wettbewerb um die Elite-Unis völlig unerwartet schon im Vorentscheid der ersten Runde raus.

„Eine freundliche und eine strenge Gesichtshälfte“ würden gute Fotos von ihm zeigen, sagt Markschies gerne. Eine freundliche und eine strenge Reaktion hatte er auch jetzt parat. Die Uni hätte sich mit einem misslungenen Antrag beworben, es müsse hart gearbeitet werden, wolle man in der zweiten Runde eine Chance haben, warnte er seine Wissenschaftler. Auf die Frage, warum alle Experten mit ihrer Wette auf die Humboldt-Uni falsch lagen, antwortete er jedoch mit seinem feinen Humor: „Als evangelischer Theologe weiß ich, dass Prophetie eine schwierige Sache ist.“

Wie er seine Universität aus dieser „sehr ernsten Situation“ führt, kann er heute erklären. Mit dem Pomp, der in einer von ständigen Sparrunden gebeutelten Berliner Uni möglich ist, wird Markschies am Abend feierlich in sein Amt eingeführt. Er will eine visionäre Rede halten. Das Thema: wegweisende deutsche Wissenschaftsreformer.

Mit 43 ist Markschies jung für einen Uni-Chef. Sein tapsiges Auftreten, seine sanfte Stimme lassen ihn bisweilen auch jungenhaft wirken. Der in Berlin geborene Kirchenhistoriker, der am Gymnasium Steglitz Latein und Griechisch lernte, dessen Vater Professor an der Freien Universität war, ist ein akademischer Überflieger. Mit 32 wird er in Jena Professor, mit 38 gewinnt er den Leibnizpreis, den „deutschen Nobelpreis“. Fast noch wichtiger aber ist, dass er Menschen für sich und seine Sache gewinnen kann. Den französischen Premier in einem Gespräch genauso wie den normalen Berliner, der sich von ihm bei der langen Nacht der Museen nach einem Fußbad die Füße trocknen lässt – und dabei erklärt bekommt, warum dieses Bad ein christliches wie heidnisches Reinigungsritual ist.

Ob er dem Druck, der nach dem missratenen Auftritt seiner Uni in der ersten Elite-Runde auf ihm lastet, standhält oder ob seine steile Karriere einen ersten Knick erleidet, wird sich im Sommer 2007 zeigen: Dann verkünden die Gutachter, wer in der zweiten Runde Elite-Uni geworden ist – und ob Markschies die zweite Chance für seine Uni genutzt hat.

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