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Meinung: „Meine Werke entstehen …

… im Dialog mit dem Ort, als Skulpturen, die man anfassen, begehen, benutzen kann.“ Als Dani Karavan vor vier Jahren um einen ersten Entwurf eines Mahnmals für die ermordeten Roma und Sinti gebeten wurde, dürfte ihn selbst das am wenigsten überrascht haben.

… im Dialog mit dem Ort, als Skulpturen, die man anfassen, begehen, benutzen kann.“

Als Dani Karavan vor vier Jahren um einen ersten Entwurf eines Mahnmals für die ermordeten Roma und Sinti gebeten wurde, dürfte ihn selbst das am wenigsten überrascht haben. Der israelische Bildhauer gilt als Spezialist für Gedenkstätten. Rund um den Globus hat er seine abstrakten Monumente geschaffen, Environments im öffentlichen Raum, bei denen er einerseits mit Marmorblöcken, Eisenstelen, Betonpfeilern, sogar Baumplanzungen auf die Gegebenheiten vor Ort reagiert, andererseits die Erinnerung an das Vergangene weckt. Berühmtheit hat 1992 seine Gedenkstätte für Walter Benjamin im spanischen-französischen Grenzort Portbou erlangt, wo sich der Philosoph auf der Flucht vor den Nazis ein halbes Jahrhundert zuvor das Leben genommen hatte.

Ein ähnlich begehbares Denkmal, an dem sich „die persönliche Erinnerung jedes Einzelnen mit dem Gedächtnisort verbinden soll“, rückt nun auch für Berlin in greifbare Nähe. Nachdem sich Kulturstaatsministerin Christina Weiss und der 74-jährige Künstler am Mittwochabend in Berlin auf einen schnellstmöglichen Baubeginn verständigt haben, soll es sogar schon im kommenden Jahr am Simsonweg südlich des Reichstages fertig gestellt sein. Der Bund gibt zwei Millionen Euro, Berlin stellt das Grundstück. Geplant ist ein riesiger Brunnen aus schwarzem Marmor mit einer versenkbaren Stele im Zentrum, auf der täglich eine frische rote Rose liegen soll. Nach wie vor gibt es allerdings Uneinigkeit wegen der rundum angebrachten Inschrift, die zwar von den kulturpolitischen Sprechern aller Bundestagsfraktionen gutgeheißen wird, aber nicht die Zustimmung von Romani Rose findet, dem Vorsitzenden des Zentralrates der Sinti und Roma. Rose kritisiert nicht zuletzt die Verwendung des Begriffs „Zigeuner“, der aus dem Naziwortschatz stammt.

Aber vielleicht findet auch da der israelische Bildhauer einen Kompromiss. Als er wegen der naturalistischen Symbolik seiner Rose unter „Kitsch“-Verdacht geriet, versprach er seinen Kritikern, den Entwurf zu überdenken. Schließlich setze seine Kunst nicht auf Konfrontation, sondern auf Dialog. Erste Stimmen wurden bereits laut, es doch dem Künstler zu überlassen, wie nun die Inschrift auf dem von ihm entworfenen Denkmal heißen soll.

Diese Freiheit hatte er bei seinem letzten großen Auftrag für Berlin nicht. Unweit des geplanten Sintiund-Roma-Mahnmals schuf er für den Vorhof des Jakob-Kaiser-Hauses ein dem Grundgesetz gewidmetes Werk. Dafür ließ er auf 19 gläsernen Tafeln die 19 Artikel des Grundgesetzes eingravieren. Diese Skulptur mag dazu beigetragen haben, dass Karavan im vergangenen Jahr den mit 50 000 Euro dotierten Piepenbrock-Preis erhielt. Festredner Wolfgang Thierse nannte ihn bei der Verleihung im Hamburger Bahnhof bereits hoffnungsvoll einen Brückenbauer zwischen Kunst und Politik.

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