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Menschenrechte: Auf in die Väterrepublik

Auch uneheliche Väter von Kindern können sich künftig um das Sorgerecht bemühen, doch nach wie vor erledigen Mütter den Großteil der Familienarbeit. Vielleicht ermutigt das Straßburger Urteil manche Väter dazu, sich künftig mehr für das eigene Kind zu engagieren. Dann würde das neue Recht auch neue Bindung schaffen.

Von Hans Monath

Es gibt Väter, die mussten bisher schwer schlucken, wenn sie den deutschen Comic „Vater und Sohn“ in die Hand nahmen. Der völlig unbeschwerte Umgang mit dem eigenen Kind, dem der Zeichner E. O. Plauen vor mehr als 70 Jahren eine klassische Form gegeben hat, war manchen von ihnen verwehrt, sofern sie mit der Mutter ihres Kindes nicht verheiratet waren. Diese engagierten Väter litten darunter, dass sie vor dem Gesetz nichts zu melden hatten und allein die Mutter die wichtigen Entscheidungen über die Zukunft des gemeinsamen Kindes treffen konnte.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diese deutsche Sonderregelung am Donnerstag kritisiert. Auch uneheliche Väter von Kindern können sich künftig um das Sorgerecht bemühen – was noch lange nicht heißt, dass ein Familiengericht es ihnen deshalb im Streitfall auch zusprechen muss. Aber sie dürfen eben nicht mehr grundsätzlich davon ausgeschlossen werden.

Auch in diesem Konflikt muss man die Dimensionen im Blick behalten. Unter allen unehelichen Väter ist es nur eine Minderheit, die sich intensiv ums eigene Kind kümmert. Die traurige Realität ist, dass die Mehrzahl von ihnen schon bei den Unterhaltszahlungen ihren Pflichten ungern nachkommt (weshalb der Staat seit einigen Jahren gegenüber der Mutter notfalls in Vorleistung tritt). Doch das Urteil über das Recht der Minderheit passt zum Wandel der elterlichen Rollenbilder in Deutschland und auch zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Es ist noch nicht lange her, da galt die Mutter als allein zuständig für eine gute Entwicklung eines Kindes – weshalb von ihr erwartet wurde, der Nachwuchsförderung alle anderen Lebensziele wie etwa einen eigenen Beruf streng unterzuordnen. Andernfalls drohte die gesellschaftliche Ächtung als „Rabenmutter“. Inzwischen hat die Sozialforschung herausgearbeitet, dass Väter in der frühkindlichen Erziehung eine eigene, besondere Rolle spielen und warum sich ein Kind ohne einen präsenten Vater schwerer tut, später Selbstständigkeit und Selbstwertgefühl zu entwickeln.

Gleichzeitig ist der Wunsch der Männer gewachsen, die eigene Familie nicht nur als Ernährer zu sichern, sondern als Vater Nähe zuzulassen und Gefühle zu zeigen wie auch vermeintlich klassische Mütteraufgaben zu übernehmen. Wer noch meint, er müsse Väter am Wickeltisch als Weicheier denunzieren, stellt sich längst ins Abseits. Das neue Leitbild lautet: Väter sind die glücklicheren Männer. Gemeint sind jene Väter, die das Abenteuer Familie ganz auskosten.

Mit diesem neuen Selbstbild hat aber die Wirklichkeit des Zusammenlebens von Eltern und Kindern oft noch wenig gemeinsam. Die Mütter erledigen noch immer den Großteil der Familien- und Haushaltsarbeit. In der überwiegenden Zahl sind sie es und nicht die Männer, die nach der Geburt eines Kindes beruflich zurückstecken oder ganz aussteigen. Aber die neuen Wünsche verändern langsam auch den Familienalltag. Die Familienpolitik hat die Chance erkannt und bietet mit dem Ausbau der Kinderbetreuung und den Partnermonaten beim Elterngeld zumindest eine Hilfestellung beim Weg in die Väterrepublik.

Es gibt leider bisher nur wenige Indizien dafür, dass auch das Gros der Mütter unehelicher Kinder von dieser Entwicklung profitieren wird. Doch vielleicht ermutigt das Urteil manche Väter dazu, sich künftig mehr für das eigene Kind zu engagieren. Dann würde das neue Recht auch neue Bindung schaffen.

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