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Meredith Whitney: „Ich bekam mehrere Todesdrohungen“

Die US-Börsenexpertin löste bei der Citigroup einen Ausverkauf beispiellosen Ausmaßes in Gang.

Von Andreas Oswald

Wer ist die mächtigste Frau der Welt? Das kann frau schneller werden, als ihr lieb ist. Vor allem, wenn es nur für eine Viertelstunde ist. Oder für ein Vierteljahr. Meredith Whitney ist Börsenanalystin einer kaum bekannten Bank an der Wall Street. Am letzten Donnerstag gingen die Börsen weltweit auf Talfahrt. 369 Milliarden Dollar verloren alleine die amerikanischen Aktien an diesem Tag an Wert. Eine unvorstellbare Summe.

Was war geschehen? Meredith Whitney hatte in einer Studie geschrieben, dass eine der mächtigsten Banken der Welt – die amerikanische Citigroup – wegen der Immobilienkrise 30 Milliarden Dollar abschreiben müsse. Außerdem stufte sie die Aktien der Citigroup auf „verkaufen“ herab. Privatanleger, Fonds und andere Banken in aller Welt folgten umgehend ihrem Rat. An den Börsen setzte ein Ausverkauf beispiellosen Ausmaßes ein. Und am gestrigen Montag nahm der US- Chef der Citigroup den Hut. Er heißt Charles Prince und war einer der mächtigsten Männer der Welt – bis gestern. Er darf sich bei Meredith Whitney bedanken, die ihn auf dem Gewissen hat.

Die „Senior Financial Instititutons Analyst“ Meredith war auch vorher kein ganz unbeschriebenes Blatt, auch wenn die Bank CIBC, für die sie arbeitet, kaum einer kennt und kennen muss. Sie trat regelmäßig als Analystin im Fernsehen auf, vor allem bei Fox News. Die Zeitschrift „Forbes“ hatte sie in diesem Jahr zur zweitbesten Börsenanalystin ernannt. Sie hatte bereits zuvor als eine der ersten Experten vor hohen Verlusten beim Bankhaus Merrill Lynch gewarnt. Respekt verschaffte sie sich aber auch in die andere Richtung: Als sie im März 2006 Goldman Sachs zum Kauf empfahl, stieg das Papier umgehend um 70 Prozent.

Die 37-Jährige haben sich jetzt viele Anleger gemerkt, nicht nur wegen ihres goldblonden Haares. Vor allem Citigroup-Aktionäre sind wegen der Verluste jetzt jedoch sauer: „Kunden waren nicht begeistert, ich bekam mehrere Todesdrohungen“, sagt Whitney.

Schon einmal war die Börsenanalystin ein bisschen berühmt. Das war vor zwei Jahren, als die „New York Times“ auf den Hochzeitsseiten über ihre Heirat mit dem Wrestling-Star John Layfield berichtete – ein Typ mit Maske, der sich fürs Fernsehen im Ring prügelt. Der Mann scheint mit der Ehe zufrieden zu sein. „Ich benutze jetzt eine Gabel beim Essen und trinke das Bier aus dem Glas.“Andreas Oswald

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