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Merkel im Fernsehen: Ganz bei sich

Nach langer Zeit zeigte sich die Kanzlerin einmal wieder in einer TV-Talkshow und sagte wenig Überraschendes. Mitten in der Krise ist die Regierungschefin - wie sie eben ist.

So ist sie, so wie sie sich präsentiert hat. Authentisch heißt das heutzutage. Leise ironisch, mit Anflügen intellektueller Ungeduld, weil sie sich Fragen stellen muss, deren Antwort sie nicht nur kennt, sondern schon gegeben hat. Angela Merkel, in der Krise ganz bei sich. Es gibt schlechtere Nachrichten.

Nicht dass sie wesentlich Neues gesagt hätte. Zu Opel, zur Koalition, zur CDU, zu sich, zu ihren Konkurrenten. Merkel weiß, wie weit sie gehen kann, ehe es gefährlich wird. Offene Wagnisse geht sie nicht ein, weder im Fernsehen noch in der wahren Wirklichkeit. Sie kann auf Gelegenheiten warten, die ihre Positionen mit sich bringen. Das ist als Merkels Stärke wahrgenommen worden, und so wird es auch nach dieser Sendung sein.

In der Krise finde das Rettende sich auch, dieses Dichterwort ist tief im Volk verwurzelt. Darum richten sich die Blicke auch so sehr auf die Person an der Spitze der Regierung: Möge sie diejenige sein, die Rettung verheißt. Das Mindeste ist, dass sie nicht Angst und Schrecken verbreitet, weil sie weiß, wovon sie spricht, und weil sie einer Lösung nicht mit starken Worten entgegenwirkt. Deutschland ist, von den Wahlergebnissen erzwungen und über die Jahre tradiert, ein Land des Kompromisses, eine Insel des Konsenses. So gesehen hat Merkel hier das Mindeste erreicht.

Wer genau hingehört hat, der hat das Selbstbewusstsein der Kanzlerin kennen gelernt, ja sogar ihr Selbstwertgefühl. Sie ist ihr bestes Programm. Manchmal, zur Not halt, ist sie auch mal konservativ, aber genauso liberal und christlich-sozial. Merkel regiert, wie es kommt, und wie es nötig ist. Das mag prinzipienlos nennen, wer will – die normative Kraft ist die faktische Merkel. Sie hat die Macht, die anderen haben sie verloren. Oder sind in Machtkämpfen mit ihr unterlegen.

Noch hat sie nicht verloren. Zu aller Letzt ihre Bereitschaft, ihre Position, genauer: ihre Macht zu verteidigen. Steinmeier, Müntefering, Seehofer, aufgepasst, die Kanzlerin beginnt, abseits ihrer Partei für sich an einer Koalition mit dem Wähler zu arbeiten, beinahe präsidial. Da sie Experimente genau beobachtet und daraus ihre Schlüsse zieht – der Hamburger Christdemokrat Ole von Beust hat auf diese Weise Erfolg. Hamburgerin ist Angela Merkel auch. Ihr Wahlkampf ist eröffnet.

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