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Angela Merkel in einem Boot mit dem britischen Premier David Cameron, dem schwedischen Premier Fredrik Reinfeldt und dem niederländischen Premier Mark Rutte.

© AFP

Merkel und die EU: Mit Rettungsweste

Konservativ oder nicht – wer in der Europäischen Union etwas bestimmen will, braucht die deutsche Kanzlerin im Boot.

Das war endlich mal wieder ein sprechendes Bild, noch dazu eines, das bei genauem Hinsehen alles (vorher-)sagt. Da sitzt also Angela Merkel in einem Boot mit drei konservativen Regierungschefs. Dazu sind es auch noch die drei, die allesamt Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten ablehnen (für den Merkel ja auch bei ihnen zu sein vorgibt). Und, als letztes Signal, nicht zu übersehen: Merkel trägt eine Rettungsweste. Alles klar? Alles klar. Fertig zur Wende!

Aber eins nach dem anderen. Merkel ist aufs Neue multioptional ausgerichtet: Sie sagt, sie sei für Juncker, den sie offiziell als Spitzenkandidaten der europäischen Konservativen akzeptiert hat, und sie bleibt dabei. Nur, wenn es nicht klappt, wenn die Konservativen aus Britannien, Holland und Schweden es hintertreiben, war es nicht ihre Schuld (obwohl sie selber ja durchaus auch inoffiziell Vorbehalte gegen Juncker deutlich gemacht hat). Das ist ihre Rettungsweste, im übertragenen Sinn.

Um sich aber nichts Böses nachsagen lassen zu können, so etwas wie Wählerbetrug oder Unzuverlässigkeit, setzt sich Merkel vorher mit den Männern in ein Boot. Sie erklärt denen, es gehe doch in allererster Linie um Inhalte, auch solche konservativen, wie die Herren es wollen, und danach erst um Personalien. Fast so hat sie es am Rande des Treffens in Schweden gesagt. Was wiederum den Camerons und Ruttes und Reinfeldts bedeuten sollte: Wenn diese Agenda angenommen wird, dann ist doch mehr oder weniger egal, wer unter uns Kommissionspräsident wird. Denn ob er x oder y oder auch Juncker heißt, er ist daran gebunden, gegen uns geht es nicht. Kann sein, nicht wahr? Welche Wende auch immer, Merkel könnte demnach mit ihr leben.

Zwei Einwände gibt es allerdings noch. In Deutschland zerren auch ein paar Kräfte an ihr, als da wären: Finanzminister Wolfgang Schäuble, der CDU-Grande, der ganz unbedingt für Juncker ist; und Vizekanzler Sigmar Gabriel, der als SPD-Chef die sozialdemokratische europäische Parteienfamilie hinter Juncker versammelt hat und nun dasselbe auf konservativer Seite von Merkel erwartet.

Das kann aber eben schwierig werden. Denn was in Deutschland keiner sehen will, das konstatieren die drei konservativen Männer im Boot ganz einfach: dass Merkel keine in ihrem Sinn konservative Partei mehr vertritt. Das ist nämlich jetzt vielmehr die Alternative für Deutschland – indem sie jetzt in die Gruppe der Tories aufgenommen wurde. Wenn das kein Hinweis an Merkel ist, nach dem Motto: Du bist mächtig, ja, aber du bist keine von uns. Du bist eine von den Moderaten, von den anderen, den sozialen Demokraten.

Doch selbst das muss Merkel nicht weiter umtreiben. Ihre Partei pariert sowieso, und sie kann es weiter laufen lassen: Wird Juncker am Ende nicht Kommissionspräsident, soll es ein anderer werden, müssen die Konservativen sie dennoch im Boot haben. Ohne Merkel geht es nicht. Und untergehen kann sie nicht. Sie hat die Rettungsweste doch längst an.

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