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Merkel und Westerwelle: Kulturrevolution

So ist das mit Revolutionen: Was sie wirklich umgewälzt haben, sieht man erst, wenn der Pulverdampf sich verzogen hat. So geht denn in der Aufregung nach der Wahl etwas Erstaunlicheres unter: Deutschland wird weitere vier Jahre von einer Frau regiert und jetzt auch von einem offen homosexuellen Mann.

So ist das mit Revolutionen: Was sie wirklich umgewälzt haben, sieht man erst, wenn der Pulverdampf sich verzogen hat. So geht denn in der Aufregung nach der Wahl etwas Erstaunlicheres unter: Deutschland wird weitere vier Jahre von einer Frau regiert und jetzt auch von einem offen homosexuellen Mann. Eine kleine Kulturrevolution ist das, die sich zudem im Mitte-Rechts-Spektrum vollzieht. Und sie ist nicht auf zwei Personalien beschränkt. Der historische Sturz der Staatspartei CSU etwa mag andere Gründe haben. Aber Seehofers altfränkische Strategie „Faust auf den Tisch“ schaffte es nicht, den Trend zu wenden. Im Deutschland der Chefmoderatorin Merkel scheinen sich viril gebende Kraftmeier zusehends ins Leere zu hauen. Was die SPD betrifft: Sie dürfte ihr Waterloo nicht nur dem Glaubwürdigkeitsverlust in der klassischen Sozialpolitik verdanken. Der eine oder die andere könnte sich auch kulturell von einer Sozialdemokratie abgestoßen gefühlt haben, die die Kanzlerin im Wahlkampf auf Macho-Art anging („die kann’s nicht“, „die entscheidet nicht“) und deren Personalreservoir offenbar machte, wie wenig eigenes weibliches Talent die SPD-Granden überleben ließen. Und die Grünen, seit dreißig Jahren Vorkämpfer für faktische Gleichheit und gegen die Rollenstarre: Dank Schwarz-Gelb wirken sie nun auch auf diesem Feld fast schon normal. Doch das sollten sie als eigentlichen Wahlsieg feiern. ade

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