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Mietrecht: Bei Änderung droht Wahlniederlage

Eine Änderung der Kündigungsfristen zu Gunsten der Vermieter schadet der Union – bei der nächsten Wahl.

Wenn es im schwarz-gelben Koalitionsvertrag heißt, man wolle das Mietrecht auf seine Ausgewogenheit hin überprüfen und dabei seinen sozialen Charakter wahren, klingt das erst einmal vernünftig. Und wenn die FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger dazu in aller Unschuld sagt, ihre Partei wolle gleiche Kündigungsfristen für Vermieter und Mieter, hört sich das auch nur wie eine ganz gerechte Forderung an. Wenn man näher hinschaut, merkt man aber schnell, welchen Sprengsatz die FDP da im Koalitionsvertrag untergebracht hat.

Derzeit können Mieter ihre Wohnung mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Vermieter dürfen hingegen unbefristete Verträge nur bei berechtigtem Interesse, wie etwa Eigenbedarf kündigen und müssen, je nach Mietdauer, Fristen von bis zu neun Monaten wahren. Und viele Vermieter können ein Klagelied darüber singen, wie schwierig es ist, Mieter an die Luft zu setzen, die ihre vertraglichen Verpflichtungen nur unzulänglich erfüllen oder die Nachbarschaft drangsalieren.

Ganz nüchtern betrachtet, könnte die Forderung der FDP nach gleichen Fristen für beide Seiten zweierlei bedeuten: Entweder wird die Neuregelung in einer Verlängerung der Kündigungsfrist für den Mieter münden oder in einer deutlichen Verkürzung der Kündigungsfrist für den Vermieter. Die Forderungen aus der Wohnungswirtschaft, das Vorhaben schnell umzusetzen, zeigen aber schon, in welche Richtung es gehen wird: Der Vermieter soll schneller kündigen dürfen.

Das bisherige Ungleichgewicht hat jedoch durchaus nachvollziehbare Gründe. Mieter müssen, weil sie als Arbeitnehmer immer flexibler sein sollen, um nicht bei Hartz IV zu landen, einen Ortswechsel zu einem neuen Arbeitsplatz möglichst schnell vollziehen können. Der Vermieter hingegen ist in der Regel in der stärkeren Position. Ihm kann deshalb eine längere Frist zugemutet werden. Wird die aber nun verkürzt und werden die Kündigungsgründe aufgeweicht und kann der Mieter sich nicht mehr gegen vom Vermieter zu beseitigende Mängel wehren, wird das für den Mieter bedeuten, dass er sich innerhalb von wenigen Monaten nach einer Ersatzwohnung umschauen muss. Im Regelfall wird das mit höheren Kosten verbunden sein, oft mit einem radikalen Wechsel der gewohnten Umgebung bis hin zur Veränderung des Bekanntenkreises. Und in vielen Städten ist es sehr die Frage, ob überhaupt innerhalb weniger Monate eine bezahlbare Wohnung zu finden ist.

Wir reden hier nicht von Mietnomaden, Krawallbrüdern und renitenten Nachbarn, die man gerne los wird. Wir reden vom möglichen Schicksal von vielen tausenden ganz normaler Mieter.

Die Union wird gut beraten sein, wenn sie sich bei der Mietrechtsnovelle nicht von der FDP treiben lässt. Denn aus dem Wind, der da gesät wird, erwächst bis zur nächsten Bundestagswahl ein Sturm, der nicht die Liberalen, sondern CDU und CSU treffen wird.

Gerd Appenzeller

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