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Meinung: Militärstrategie und Propaganda: Sendezeit für einen Terroristen - Darf man bin Ladens Ansprache zeigen?

Breaking News, an diesen Begriff werden wir uns wieder gewöhnen müssen: an Neuigkeiten also, die hereinbrechen in die Routine der Nachrichtengebung. Denn es ist Krieg, und alle schauen hin.

Breaking News, an diesen Begriff werden wir uns wieder gewöhnen müssen: an Neuigkeiten also, die hereinbrechen in die Routine der Nachrichtengebung. Denn es ist Krieg, und alle schauen hin. Alle schauen wieder CNN, den amerikanischen Sender, weil er so schnell ist und die besten Informationen von den Orten des Geschehens liefert. Wie in den bisherigen Kriegen der Neuzeit. Indem alle CNN schauen, sieht die Welt diesmal allerdings außer der gut geölten US-Informationsmaschine noch die andere Seite: Osama bin Laden.

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror 7.10., 18.45 Uhr: Wie der Gegenschlag begann Hintergrund: US-Streitkräfte und Verbündete Schwerpunkt: US-Gegenschlag, Nato und Bündnisfall Schwerpunkt: Osama Bin Laden Chronologie: Terroranschläge in den USA und die Folgen Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Umfrage: Befürchten Sie eine Eskalation der Gewalt? Das Video, das ihn zeigt mit zwei seiner Gefolgsleute in den Bergen Afghanistans, war eine der Breaking News. Es kam über CNN und nachfolgend deutsche Sender, in Farbe, mit Übersetzung. Eine Ansprache, ruhig im Ton, aber fanatisch im Inhalt, voller Verdrehungen und Verirrungen, kurzum: Propaganda. Und die wurde mehrmals gezeigt. Was beim ersten Blick vor allem wirkt wie ein wegen des Neuigkeitwertes gelungener Ausbruch aus der routinierten Kriegsberichterstattung, hat sich inzwischen zu einem herausragend wichtigen Vorfall entwickelt: Ist es richtig, ein solches Video auszustrahlen?

Die eine Schule sagt, die Stärke dieses Gesellschaftssystems liegt in seiner Offenheit, seiner Toleranz und Diskurswilligkeit. In dieser Hinsicht hätte es unsouverän ausgesehen, die Ausstrahlung - die in den arabischen Ländern sowieso stattfindet - im freien Westen zu unterlassen. Und ein Verbot käme bin Laden gerade recht, um von Unterdrückung sprechen zu können.

Die andere Schule sagt: Die Ausstrahlung gibt bin Ladens Worten einen Wert wie, in Sendeminuten gemessen jedenfalls, denen des US-Präsidenten. Es wird zumindest der Eindruck einer Gleichwertigkeit billigend in Kauf genommen, die sich der Drahtzieher des Terrors nur wünschen kann. Objektive Unrichtigkeiten bleiben unkommentiert. Und vielleicht weckt bin Laden so nur seine "Schläfer", ruft sie über versteckte Botschaften zu weiteren Attentaten auf.

Die Antwort auf die Frage, ob solche Videos ausgestrahlt werden sollen, ist nun in der Begründungs-Logik des Gegenschlags zu finden. Erstens geht es, neben der Strafe für Unterstützer des Terrors, erklärtermaßen um den Nachweis zivilisatorischer Überlegenheit des Westens. Der aber führt diesen Krieg, weil er sich der Gerechtigkeit seiner Sache sicher ist. Also darf er nicht fürchten, dass ein inhaltlich wirres, angreifbares Video in seinen Gesellschaften große Wirkung hervorrufen könnte. Vielmehr kann er die Wirkung in der Öffentlichkeit verfolgen - bis hin zu den Sympathisanten. Ja: Die andere Seite zu zeigen, kann auch bedeuten, sie vorzuführen. Oder zu überführen.

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