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Der Dom in Regensburg.

© dpa

Missbrauch bei den Domspatzen: Die Verirrung der Kirchenretter

Eine Bitte um Verzeihung ist das mindeste, was die Missbrauchsopfer erwarten. Männer wie Kardinal Müller dagegen stehen für ein menschenfernes Kirchenbild. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Ruth Ciesinger

Ein Schuldeingeständnis, eine Bitte um Verzeihung, das wünschen sich die Opfer von Straftaten. Ihnen dies zu verweigern, ist wie eine letzte Bosheit der Täter, die manchmal nur davonkamen, weil jahrzehntelang verdrängt und geschwiegen wurde. In der katholischen Kirche gibt es nun diejenigen, die an der Aufklärung der vielfachen Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen arbeiten. Aber immer noch wittern in ihren Reihen Männer einen Angriff auf die heilige Mutter Kirche und wollen lieber die Institution statt den Menschen, das Kind schützen.

Zu sehen an Kardinal Georg Ludwig Müller, dem Mann, der 2010 Bischof von Regensburg war. Damals gingen die ersten Missbrauchsopfer unter den Domspatzen an die Öffentlichkeit. Ein Schritt, der sie Überwindung gekostet hat. Kardinal Müller sah darin eine „Kampagne“, sah „Einzelfälle“. Seitdem hat er es nie für nötig befunden, mit den Opfern zu sprechen und ihr Leid anzuerkennen. Jetzt hat Müller sich, kurz bevor der Abschlussbericht zum größten dokumentierten Missbrauchsskandal in Deutschland vorgestellt wurde, wieder geäußert. „Es ist offensichtlich“, sagte er, „dass die katholische Kirche bei dem Thema härter angegangen wird, dass Priester a priori verdächtigt werden“.

Die Kleinsten und Schwächsten litten am meisten

Diese Gefühlskälte lässt schaudern und zeigt, was für ein menschenfernes Kirchenbild Müller kultiviert. Papst Franziskus gestand ihm im Juli keine neue Amtszeit als Leiter der Glaubenskongregation zu. Eine gute Entscheidung auch angesichts dessen, dass Müller da unter anderem für die Aufklärung von Missbrauchsfällen zuständig war.

Es waren die Grundschüler, die kleinsten und schwächsten der Schutzbefohlenen, die bei den Domspatzen besonders gelitten haben unter Schlägen und sexuellem Missbrauch. Geschehen ist dennoch lange Zeit nichts. In Deutschland forschen nun Wissenschaftler mehrerer Hochschulen dazu, wie die Kirche seit 1945 mit Tätern und Opfern von Missbrauch umgegangen ist. Letztlich nutzt es auch der Kirche, wenn sie dies unterstützt und wie nun in Regensburg offensiv mit eigenen Verfehlungen und empathisch mit den Opfern umgeht. Nur wenn die Menschen darauf vertrauen können, dass Unrecht gesühnt wird, werden sie bleiben. Und wenn aufrichtig um Verzeihung gebeten wird.

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