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Meinung: Mit dem Klima angefangen

Bushs Besuch war die Botschaft – jetzt will Europa aber auch mehr mitreden dürfen

Von Hans Monath

Auch Gipfeltreffen sind für Überraschungen gut. Es war entweder eine diplomatische Sturzgeburt oder aber ein sehr gut gehütetes Staatsgeheimnis beider Regierungen, dass der viel beschworene Neuanfang in den deutsch-amerikanischen Beziehungen ausgerechnet in einem gemeinsamen Klimaprogramm seinen ersten materiellen Ausdruck finden sollte. Der Schritt ist zumindest geeignet, das bei vielen Gegnern von Bush fest gefügte Bild einer ökologisch gänzlich tauben Nation etwas zu erschüttern: George W. Bush führt nicht nur Krieg im Irak, er zieht nun auch mutig gegen eine Menschheitsgefahr ins Feld, gegen die er viele Verbündete braucht.

Fast möchte man von Multilateralismus auf ökologisch-korrektem Feld sprechen. Fast möchte man den Deutschen die eigentliche Urheberschaft andichten, so sehr scheint es auf Wirkung bei der hiesigen Öffentlichkeit zugeschnitten. Doch das ist nur die Symbolseite. Ob die hehren gemeinsamen Ziele dazu beitragen, dass die USA als Weltmeister im Energieverschwenden künftig das Weltklima ein wenig schonen, muss man aus guten Gründen bezweifeln.

Die Karriere des Öko-Themas aber hängt auch damit zusammen, dass andere inhaltlich starke Signale in Mainz nicht zu erkennen waren. Natürlich stimmt es: Der Deutschlandbesuch selbst war die eigentliche Botschaft, die Bush auch ständig variiert hat: Ihr seid wichtig, wir brauchen euch, wir überwinden den Streit der Vergangenheit. Und auch die Gastgeber hatten nicht damit gerechnet, dass es ausgerechnet in Mainz einen Durchbruch geben würde beim mühsamen Versuch der Europäer, den Präsidenten im Nuklearstreit mit Iran zu einer konstruktiveren Rolle zu drängen. Denn nach dem Willen der EU sollen die Amerikanern den Iranern den Verzicht auf die Schließung des Brennstoffkreislaufs wenigstens durch Sicherheitsgarantien oder Handelserleichterungen schmackhaft machen.

Eines ist aber auch aufgefallen in Mainz: Wenn der Streit über die Vergangenheit vorbei ist, so sind die Positionen der Vergangenheit zumindest auf deutscher Seite keinesfalls Geschichte. Manches – wie den Ausschluss deutscher Militärmissionen im Irak – akzeptieren die Amerikaner inzwischen. Und im Nuklearstreit mit Iran, in dem die Europäer auf Diplomatie setzen, loben die Amerikaner das Vorgehen, ohne wirklich daran zu glauben. Den amerikanischen Wunsch nach europäischen Festlegungen für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen der EU mit Iran hat Bush zumindest öffentlich nicht angesprochen. Den Nato-Vorschlag Schröders hat er wenigstens pro forma gelobt. Schließlich gibt sich der Gastgeber auch Mühe, durch Angebote zum Aufbau des Iraks zu zeigen, dass er sich nach Kräften an den gemeinsamen Sicherheitsaufgaben beteiligt.

Schröder kann sich ermutigt fühlen. Während seiner neun Stunden auf deutschem Boden hat der US- Präsident zwar den Raum Rhein-Main fast komplett lahm gelegt. Nicht paralysiert hat er durch seine Charmeoffensive das außenpolitische Selbstbewusstsein der deutschen Regierung. „Wir hatten uns verständigt, nicht mehr darüber zu sprechen, wo wir unterschiedlicher Meinung sind“, hat Kanzler Schröder halb scherzhaft gesagt. Wenn dem Signal von Mainz denn auch ein politischer Inhalt entspricht, dann muss es hinter verschlossenen Türen für die Deutschen künftig leichter werden, mit den Amerikanern über die ganz strittigen Themen zu reden. Wer so wichtig ist, wie Bush behauptet, der will auch gehört und konsultiert werden. Die Einladung ist ausgesprochen. Wie ernst sie gemeint ist, wird nun vor allem die Debatte um den zeigen.

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