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Meinung: Mit einer Zunge

Von Andrea Nüsse

Die politischen Führer wollen sich das Heft nicht von Extremisten aus der Hand nehmen lassen. Dies gilt sowohl für den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und seine Fatah als auch für Premierminister Hanija und seine radikalislamische Hamas. Der Anschlag vom Sonntag auf einen israelischen Grenzposten sollte eine Einigung im nationalen Dialog torpedieren. Die Eskalation der gewaltsamen Auseinandersetzung mit Israel sollte jede Verständigungsbereitschaft ersticken. Vor allem sollte verhindert werden, dass Pragmatiker der Hamas von Maximalpositionen und ideologischen Grundsätzen abrücken. Doch eben das tun sie nun offenbar.

Das so genannte Dokument der Gefangenen fällt zwar hinter die Positionen zurück, welche Fatah und die PLO einnehmen – denn die haben Israel längst anerkannt. Aber von der Hamas, die in ihrer Charta noch die Errichtung eines Staates auf dem gesamten Gebiet des palästinensischen Palästina fordert, verlangt es bedeutende Zugeständnisse. Der Riss zwischen der innerpalästinensischen Hamas-Führung und ihrer Vertretung im Ausland wird immer offensichtlicher. Mit der Verkündung einer Einigung hat Regierungschef Hanija deutlich gemacht, dass er sich nicht dem Diktat der Extremisten in der Bewegung beugen will. Diese wiederum haben gezeigt, dass sie das Spiel äußerst effizient, weil brutal, verderben können.

Den drohenden Einmarsch der israelischen Armee in den Gazastreifen wird das Dokument womöglich nicht verhindern. Auch, ob es den internationalen Boykott der Autonomiebehörde aufheben wird, ist fraglich. Nach bisher vorliegenden Informationen erfüllt es weitaus nicht alle Forderungen des Westens und Israels. Auf innerpalästinensischer Ebene jedoch ist es ein riesiger Erfolg. Erstmals haben die rivalisierenden Fatah und Hamas einen ernsthaften politischen Dialog geführt. Statt auf Waffen wurde auf Worte gesetzt. Die beiden Blöcke, die seit 15 Jahren miteinander ringen, haben ein gemeinsames Minimalprogramm entworfen. Im Idealfall könnte es zu einer Regierung der nationalen Einheit führen. Und genau die brauchen die Palästinenser.

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