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Meinung: Mit Tempo in die Sackgasse

Neuer Streit nach alten Mustern – die Düsseldorfer Koalition und der Metrorapid

Kurz vor dem Jahreswechsel hatte Gerhard Schröder die politische Grundfrage für Deutschland klar erkannt. In Shanghai hatte er an der Seite des chinesischen Ministerpräsidenten den Transrapid eingeweiht und mit den Bildern dieser ersten Fahrt im Kopf hat sich der Bundeskanzler die Frage gestellt, ob ein solches technologisches Großprojekt in Deutschland noch realisiert werden kann. Er hat die Frage damals mit einem klaren „Ja“ beantwortet und seinem Parteifreund in Düsseldorf, Peer Steinbrück, die operative Verantwortung übertragen, etwas ähnliches im Herzen des Ruhrreviers zu realisieren. Der griff zu - und hat nun seine liebe Not mit dem grünen Koalitionspartner. Denn Rot-Grün in Düsseldorf hat sich über den Metrorapid in eine Sackgasse manövriert, die mittlerweile auch in Berlin die Alarmglocken schlagen lässt. Obwohl zurzeit niemand – weder in der Hauptstadt, noch am Rhein – offensiv einen Bruch anstrebt, erlebt Steinbrücks Koalition eine Krise nach dem Muster, das nach Garzweiler erledigt schien.

Alle Beteiligten werden von ihren alten Sprüchen eingeholt. Da sind auf der einen Seite die Sozialdemokraten. Sie haben, nicht zuletzt mit Hilfe des Kanzlers in Shanghai, die Frage des Metrorapids zwischen Düsseldorf und Dortmund zu einer Grundsatzfrage hochstilisiert. Es geht bei den Debatten nur noch am Rande darum, ob der schnelle Schwebezug zwischen den beiden Revierstädten sinnvoll ist, er ist zu einem Symbol geworden. Damit wiederholt sich die Geschichte dieser Koalition, die vor Jahren lange und ausgiebig um Garzweiler und die Braunkohlelöcher am linken Niederrhein gestritten hat . Wieder gibt es einen tiefen Riss in dem Bündnis. Die Genossen wollen nicht nur den Metrorapid, sie wollen mit ihm auch beweisen, dass Sozialdemokraten technologische Innovationen hierzulande noch durchsetzen können – auch in Bündnissen mit grünen Technik-Skeptikern. Peer Steinbrück will sich im übrigen nicht die Chance entgehen lassen, eine Investition von mehr als drei Milliarden in das von Arbeitslosigkeit gebeutelte Revier zu holen.

Die Grünen haben auf der anderen Seite übertaktiert. Im Koalitionsvertrag haben sie dem Metrorapid klar zugestimmt. Aber ihre Basis ist ganz und gar nicht davon überzeugt. Sie läuft an der Seite der CDU-Opposition Sturm gegen das Projekt. Vor allem im Ruhrrevier scheinen einige Grüne geradezu auf die Gelegenheit gewartet zu haben, sich wieder einmal mit dem ungeliebten Düsseldorfer Koalitionspartner anzulegen. Obwohl viele Grüne an der Ruhr noch dem Bild der alten Linkskämpfer entsprechen, fällt manchem die Zusammenarbeit mit der CDU leichter als mit der SPD. Da im kommenden Jahr Kommunalwahlen anstehen, plädieren nicht wenige Grüne zwischen Düsseldorf und Dortmund deshalb lieber für ein Ende der Koalition – was die Landtagsfraktion freilich mehrheitlich anders sieht. Die grünen Mandatsträger und die beiden Minister - die nicht über ein Landtagsmandat verfügen - suchen deshalb nach einer Formel, mit deren Hilfe sie Zeit gewinnen und die aus den selbstgestellten Fallen einen Weg ohne Gesichtsverlust ermöglicht.

Doch diese Zeit will Peer Steinbrück ihnen nicht mehr geben. Die Grünen müssen sich entscheiden, ob sie ein technologisches Großprojekt und damit eine Investition über mehrere Milliarden mittragen oder nicht. Politik kann eine Weile Doppelspiele aushalten und sich nicht festlegen; gerade in Koalitionen kommt so etwas vor. Die rot-grüne Koalition in Düsseldorf hat viele Konflikte dieser Art mit überraschenden taktischen Wendungen überstanden. Beim Metrorapid bleibt Steinbrück keine Hintertür offen, die den Grünen eine klare Entscheidung erspart. Bleibt wieder nur das Muster von Garzweiler: Die Grünen lenken ein.

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