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Mode in Berlin, Berlin in Mode: Berlin ist die beste Stadt der Welt

Wo ist es wirklich besser als in Berlin? London oder New York sind viel zu teuer, München und Hamburg auch. Aber um es Investoren leicht zu machen, braucht es eine effiziente Verwaltung. Mode als Wirtschaftsfaktor ist eine gute Sache. Aber Berlin muss mehr als eine Mode sein.

Berlin ist die beste Stadt der Welt. Wer das nicht findet, soll den Gegenbeweis führen. Wo ist es denn wirklich besser, in der Summe aller Aspekte? Welche Stadt hat so viel zu bieten und kostet so wenig? London oder New York sind viel zu teuer, München und Hamburg auch und obendrein Provinz. Klar, nur wenige Menschen sind so mobil, finanziell unabhängig oder gefragt, dass sie jederzeit überallhin umziehen können, wenn sie nur wollen. Aber selbst wenn es so wäre, wollte man zum Beispiel wirklich in Sao Paulo leben, das in dem Zeitgeistranking eines Internetportals vor Berlin auf Platz eins liegt?

Ach, die Rankings. In jüngster Zeit rangiert Berlin selbst bei ernsthaften Analysen nicht mehr durchweg ganz hinten. Häufigster Befund ist, dass die Wirtschaftslage desolat ist, die Dynamik aber kaum zu übertreffen. Leider macht das eine das andere nicht wett. Noch immer, trotz sinkender Arbeitslosigkeit, hat jeder achte Erwerbsfähige keinen Job. Noch immer hat die Hauptstadt mehr als 60 Milliarden Euro Schulden, Tendenz steigend. Noch immer bewegt sich das Wirtschaftswachstum allenfalls auf Bundesdurchschnitt, nicht darüber. Dabei wäre das dringend nötig, um die durch Krieg, Zerstörung und Teilung entstandenen Rückstände endlich zu überwinden.

Die großen Adressen haben die Stadt bereits vor Jahrzehnten weitgehend verlassen. Die Deutsche Bank hat zwar die Berliner Bank gekauft, aber sie wird ihren Sitz nicht zurück nach Berlin verlegen. Siemens hat zwar bis heute einen großen Standort in Berlin, aber wird die Zentrale sicher in München belassen. Was heute von der Wirtschaftsmetropole von einst übrig ist, besteht überwiegend aus kleinen Unternehmen. Und auch was neu anfängt, tut dies in kleinem Maßstab. So ist zwar Aufbruch zu spüren, aber die ökonomische Dimension reicht nicht. Es geht ja darum, einem Gebilde aus 3,5 Millionen Menschen zu ermöglichen, aus eigener Kraft in relativem Wohlstand zu leben.

Ganz sicher ist die Anziehungskraft der Stadt auf dem Weg dahin eine entscheidende Variable. Die Berliner Flughäfen zählten im alten Jahr mehr als 22 Millionen Passagiere. Auch die Hotels melden Übernachtungsrekorde, und bei Facebook haben knapp 519 000 Menschen ihre Sympathie für Berlin bekundet (www.facebook.com/Berlin). Es ist eindeutig: Berlin hat draußen in der Welt einen besseren Ruf als drinnen im Kiez. Wie groß der Anteil des Regierenden Bürgermeisters daran ist, lässt sich kaum ermessen. Aber Klaus Wowereit hat auf die Kreativen, auf Kultur, Show und Mode gesetzt und damit auch einen Wirtschaftsfaktor gestärkt. Vielleicht hat einfach jede Zeit den Regierenden, der zu ihr passt. Jedenfalls kann man sich Eberhard Diepgen auf der Bread & Butter nicht so richtig vorstellen.

Aber so schön das auch alles ist, darf dieser Teil der Anziehungskraft Berlins nur der Anfang sein. Billigfliegertouristen, ewige Praktikanten, mittellose Kreative und Stars, die sich zwar Zweit- oder Drittwohnungen anschaffen, aber selten da sind, machen die Stadt nicht so wohlhabend, wie sie es verdient und braucht. Der Bau eines Waldorf-Luxushotels ausgerechnet am Bahnhof Zoo ist das richtige Signal – die Gegend könnte sich zu einem ähnlich leuchtenden Anziehungspunkt entwickeln wie der Times Square in New York, einst eine unansehnliche Ansammlung von Stripbars, Sexkinos und halbseidenen Elektronikshops.

Die Hinwendung zu Tourismus und Kreativität birgt jedoch Gefahren, selbst wenn Preise und Gewinne steigen. Denn dauerhafte Wirtschaftskraft entsteht fast überall vor allem aus industrieller Wertschöpfung. Für Hochöfen und Stahlwerke ist Berlin nicht der richtige Ort, aber die Fertigung hochtechnologischer Produkte passt perfekt in diese Stadt, die junge kluge Menschen so sehr anzieht. Ob das in Adlershof, Buch, Marzahn oder auf dem Tegel-Flughafengelände stattfindet, ist einerlei. Um es Investoren leicht zu machen, braucht es eine effiziente Verwaltung und eine funktionierende Infrastruktur. Mode als Wirtschaftsfaktor ist eine gute Sache. Aber Berlin muss mehr als eine Mode sein.

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