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Mon BERLIN: Sag mir, wie du heißt, und ich sag dir, wer du bist

Namen stellen manchmal den geduldigsten Menschen auf die Probe. Warum nur sprechen die Deutschen den Namen des französischen Präsidenten mit einem satten "S" aus?

Nein, ich kann wirklich nicht verlangen, dass drei Millionen Berliner sich von heute auf morgen in scharfsinnige Romanisten verwandeln. Nein, nicht jeder ist mit Sprachbegabung gesegnet. Kein Zweifel, das Französische ist eine schwierige Sprache mit seinen phonetischen Fallstricken, seiner ausgefuchsten Orthografie, seinen Regeln mit Dutzenden Ausnahmen. Es gibt tausend mildernde Umstände. Und dennoch: Ich hab genug! Ein Schrei aus tiefstem Herzensgrund!

Wann immer in den letzten beiden Jahren jemand mit mir über meinen Präsidenten gesprochen hat – und seit einiger Zeit ist sehr oft die Rede von ihm und seiner sehr glamourösen Gattin –, jedes Mal, wenn ich das Radio anstelle oder die Tagesthemen sehe, jedes Mal zucke ich heftig zusammen und drohe mit dem Zeigefinger wie ein fundamentalistischer alter Linguist. Jedes Mal der gleiche Angriff auf meine französischen Ohren. ZZZarkozy hier, ZZZarkozy da. Eine Phonetikregel, um die Dinge ein für alle Mal klarzustellen und dem armen kleinen Nicolas Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: Im Französischen spricht man das „s“ am Wortanfang „sss“ aus und nicht „zzz“. SSSaucisson und nicht ZZZaucisson. Sssalut und nicht ZZZalut. SSSarkozy und nicht ZZZarkozy! Bitte!

Jetzt ist es heraus, und ich fühle mich besser. Ich weiß wohl, dass meine Landsleute den traurigen Ruf haben, keine Sprache außer ihrer eigenen zu beherrschen. Gerade wir Franzosen sollten niemanden belehren. Und außerdem, was ist schon ein harmloser ZZZarkozy nach Jahren von Gérard Schreudère und tausenden Malen Anjèla Merkèle? Es ist etwas gewagt, wenn ich mich über ein vibrierendes kleines „z“ anstelle eines scharfen „s“ aufrege. Zumal das Z unserem kleinen Präsidenten das Aussehen eines unbesiegbaren Helden verleiht: Z wie Zorro, Z wie Zarathustra, Z wie Zeus.

Dabei gibt es durchaus Schlimmeres. Ich erinnere mich an einen sehr pariserischen und sehr eigensinnigen Journalisten, der, wenn er beim Worldservice der BBC in London die Nachrichten las, den damaligen britischen Außenminister jahrelang als Sire Geôfroa Hô bezeichnete. In klanglicher Hinsicht dachte man bei dem armen Sir Geoffrey Howe eher an einen finsteren nordkoreanischen Diktator als an den galanten Ritter der Regierung Margaret Thatcher. Besser gesagt Margarette, wie Yvette oder Suzette. Ein frivoler Wortschluss, bei dem man spontan eher die Folies Bergères assoziiert als die eiserne Lady.

Die deutsche Politik hat einige haarsträubende Zungenbrecher hervorgebracht. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger – ein Klassiker –, war jahrelang eine akustische Folter, und ganz Frankreich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als die Ministerin zurücktrat. Jetzt fürchte ich nur, dass sie auf der Erfolgswelle der FDP mitschwimmt und im Glanz ihres unmöglichen Familien namens in der neuen Regierung wiederaufersteht.

Welche blinde Verliebtheit mag Fräulein Leutheusser in die Arme von Herrn Schnarrenberger geworfen haben? Hätte es in unser aller Interesse nicht auch ein schlichter Herr Müller getan? Im Übrigen – ob es den Feministinnen nun gefällt oder nicht –, ich finde, dass der Gebrauch von Doppelnamen verboten gehört!

Das Jahrbuch des Bundestags ist mit Lösenkrug-Möller oder Riemann-Hanewinkel nur so gespickt. Seit 20 Jahren lebe ich nun in Berlin, und nach 20 Jahren bin ich immer noch außerstande, den Namen Herta Däubler-Gmelin auszusprechen, ohne dass meine Zunge sich verknotet. „A mouthful“ sagen die Engländer ganz richtig. Ein Mund voll Konsonanten, die sich gegenseitig zerschmettern, ein dicker unverdaulicher Brei aus Diphthongen. Nein, nein, beim Kampf um die zivilrechtliche Gleichstellung haben diese Frauen darauf verzichtet, die natürliche Grazie und Eleganz ihres Geschlechts zur Geltung zu bringen. Letzte Nacht hatte ich einen richtigen Albtraum: Nicolas ZZZarkozy ließ sich von Carla Bruni scheiden. Bei einem deutsch-französischen Gipfel hatte er sich in Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verknallt.

Die Autorin schreibt für das französische Magazin „Le Point“. Aus dem Französischen übersetzt von Elisabeth Thielicke.

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