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Meinung: Mut zur Ungerechtigkeit

Das Vorhaben der Elite-Universitäten darf nicht verwässert werden

Alexander S. Kekule In der Hochschulpolitik deutet sich ein kleines Wunder an: Die Länder wollen nun doch der Exzellenzinitiative für die Universitäten zustimmen, auch das CDUgeführte Hessen hat seinen Widerstand endlich aufgegeben. Morgen soll die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung den Kompromiss festschreiben, am 23. Juni wollen der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten dann das Projekt beschließen.

Doch der Kompromiss hat einen hohen Preis. Die ursprüngliche Idee aus SPD-Kreisen, eine deutsche „Elite-Universität“ zu schaffen, haben empörte Länderchefs und Rektoren ohnehin im Keim erstickt. Schon vorsichtiger schlug Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn dann Anfang 2004 „bis zu zehn Spitzenuniversitäten“ vor und lockte mit 1,9 Milliarden Euro, von denen drei Viertel der Bund übernehmen würde. Bei der damals geplanten Verteilung über fünf Jahre wären das im Mittel 38 Millionen pro Universität und Jahr gewesen. Schon damit hätte sich „Elite“ nicht finanzieren lassen – an der Humboldt-Universität etwa gibt alleine die medizinische Fakultät rund 300 Millionen Euro jährlich aus.

Der jetzt angepeilte Kompromiss verwässert das Elite-Konzept noch weiter. Der Bund soll nicht bestimmen, welche Universitäten gefördert werden – vor allem darf niemand bevorzugt werden. Deshalb sieht die Initiative nur noch die Förderung einzelner Projekte, nicht mehr ganzer Universitäten vor. Ausgeschrieben werden erstens 40 Graduiertenschulen, in denen sich Nachwuchsforscher auf hohem Niveau weiterbilden können. Zweitens sollen 30 „Exzellenzcluster“ gefördert werden, in denen einzelne Fakultäten mit außeruniversitären Einrichtungen zusammenarbeiten. Als dritte Säule des Programms sollten bisher Universitäten, die bei der Bewerbung um Graduiertenschulen und Exzellenzcluster besonders erfolgreich waren, einen pauschalen Sonderzuschlag für die Entwicklung ihrer Gesamtstrategie und die Positionierung im internationalen Wettbewerb bekommen. Dieser Sonderzuschlag, der als einziger Betrag an die Universitäten als Ganzes gegangen wäre, wurde nun gestrichen. Stattdessen sollen nun auch die Mittel der dritten Säule nur projektbezogen und nicht an ganze Unis vergeben werden. Da die Anträge obendrein alle paar Jahre neu gestellt werden müssen, drohen die 1,9 Milliarden mit der Gleichbehandlungsgießkanne verschüttet zu werden. Natürlich wird das zusätzliche Geld so oder so ein Segen für die klammen Universitäten sein. Auch die zugleich vorgesehene Etatsteigerung für außeruniversitäre Forschung (etwa der Max-Planck-Institute) um drei Prozent ist dringend überfällig.

Doch gerät die wichtigste Aufgabe der Hochschulreform ins Hintertreffen: Der Wettbewerb zwischen den Universitäten. Einzelne deutsche Wissenschaftler, Projekte und auch Fakultäten stehen bereits heute im Wettbewerb – und gehören zu einer durchaus vorhandenen, aber kaum werbewirksamen Elite. Um die dringend benötigten „Leuchttürme“ zu schaffen, müssen Universitäten als Ganzes in Horte der Exzellenz – und in international strahlende Markennamen – verwandelt werden.

Auf dem Weg dorthin gilt die einfache Regel, dass mit viel Geld viel zu erreichen ist: Exzellente Arbeitsbedingungen ziehen exzellente Professoren an, bei denen die besten Studenten und Assistenten arbeiten wollen. Die produzieren exzellente Forschungsergebnisse, die wiederum zu hohen Drittmitteleinnahmen führen. Das Prinzip dieser „Leuchttürme“, von Harvard bis Oxbridge, ist auch ein Stück Ungerechtigkeit: Ähnlich gute Projekte werden anderswo benachteiligt, und auch bei den Star-Unis ist nicht alles Gold, was glänzt. Da in Deutschland die Stars nicht historisch gewachsen sind, sondern politisch installiert werden müssen, ist die gefühlte Ungerechtigkeit noch größer. Deshalb ist ein anständiger Wettbewerb um die Spitzenförderung unverzichtbar. Die muss dann aber unanständig hoch sein.

Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Mikrobiologie in Halle. Foto: J. Peyer

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