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Meinung: Mutig sind die Guten

Gerade noch rechtzeitig: Rot-Grün will Patriot-Raketen an Israel liefern

Muss man das Gefühl haben, von Verteidigungsminister Peter Struck ausgetrickst worden zu sein? Erst sagt er, die US-Regierung habe Deutschland nicht um die Bereitstellung von Patriot-Raketen gebeten. Am nächsten Tag kommt heraus, dass es eine solche Anfrage aus Israel bereits seit längerer Zeit vorliegt. Jetzt verkündet der Kanzler, es wird geliefert.

Nein, gelogen hat Struck nicht. Und doch wird die Geheimnistuerei über das, was Deutschland im Falle eines Irak-Kriegs an Unterstützung für Nato-Partner und Israel zu leisten bereit ist, langsam zu einem Ärgernis. Was kommt als nächstes?

Der Eindruck bleibt, dass die rot-grüne Koalition versucht, ihr kategorisches „Da machen wir nicht mit“ nun pragmatischer auszulegen, als man im Wahlkampf glauben machen wollte. Nur sagt man das nicht so deutlich. Sollte es zu einem Irak-Krieg kommen, wird es unweigerlich zu Unschärfen bei der propagierten deutschen Enthaltsamkeit kommen. Aber die Lieferung der Raketen an Israel gehört nun gerade nicht in die Kategorie von Hilfestellungen, die man als verdeckte Beteiligung am Krieg bezeichnen kann. Das Zaudern der Bundesregierung konnte da nur zu Irritationen führen. Vor lauter Angst, auch in Sachen Irak der Wahllüge bezichtigt zu werden, drohten der rot-grünen Regierung die Maßstäbe zu verrücken. Deshalb musste Kanzler Schröder jetzt Klarheit schaffen. Länger hätte er damit nicht warten dürfen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Deutschland Israel beisteht. Schon im Golfkrieg von 1991 stellte die Regierung Kohl Patriot-Raketen zur Verfügung. Das war ein Zeichen der Solidarität gegenüber jenem Volk, das die Nazis im Zweiten Weltkrieg vernichten wollten. Und es war der Versuch einer Wiedergutmachung dafür, dass gerade deutsche Firmen dem Irak zu jenem Arsenal an chemischen Waffen verhalfen, mit dem dieser dann Israel bedrohte.

Rot-Grün kann zwar mit einigem Recht behaupten, dass ein Krieg gegen den Irak zunächst wahrscheinlicher macht, was Amerika mit seiner Irak-Politik auf lange Sicht verhindern will: eine akute Bedrohung Israels. Da Jerusalem aber wie im ersten Golfkrieg nicht Teil einer Anti-Irak-Koalition sein wird, fehlt dem Irak jedwede Rechtfertigung für einen möglichen Angriff – und Deutschland jede Entschuldigung, die Raketen nicht zu liefern. Helfen sie Israel doch lediglich, sich vor einem Aggressor zu schützen.

Aber auch der eigenen Linie wegen durfte Schröder nicht anders entscheiden. Wenn wahr ist, was Außenminister Fischer nicht müde wird zu betonen: dass ein Irak-Krieg die ganze Region destabilisieren könnte, dann muss alles getan werden, um Israel nicht in den Konflikt hineinzuziehen. Im ersten Golfkrieg konnte Israel von einem Gegenschlag abgehalten werden, weil andere Staaten mithalfen, das Land zu schützen. Das würde auch bei einem zweiten Golfkrieg gelten: Jede von Saddams Scud-Raketen, die noch in der Luft von den inzwischen verbesserten Patriot-Batterien zerstört wird und nicht in Israel einschlägt, macht eine Kriegsbeteiligung Israels unwahrscheinlicher. Und damit einen Aufruhr in der arabischen Welt.

Es gibt also nur gute Gründe dafür, deutsche Patriot-Raketen an Israel zu liefern. Und keinen, daraus ein Geheimnis zu machen.

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