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Meinung: Nach dem EU-Gipfel: Triste Aussicht

Homer nannte die Griechen Danaer. Das hölzerne Pferd, das diese den Trojanern schenkten und aus dem heraus sie dann Troja überlisteten, war das erste Danaergeschenk.

Homer nannte die Griechen Danaer. Das hölzerne Pferd, das diese den Trojanern schenkten und aus dem heraus sie dann Troja überlisteten, war das erste Danaergeschenk. Seitdem benennt man jede Gabe so, die Unheil stiftet. Das jüngste Danaergeschenk hat der französische Staatspräsident Jacques Chirac in der letzten Gipfelnacht von Nizza den Belgiern überreicht. Ab 2002 werden alle informellen EU-Gipfel in Brüssel stattfinden, hat er zugestanden, um so den belgischen Widerstand gegen den Vertragsentwurf insgesamt zu brechen. Regierungschef Guy Verhofstadt muss wirklich schon ziemlich müde gewesen sein, um die Doppelbödigkeit dieses Präsentes nicht zu bemerken. Natürlich schmückt es ungemein, wenn Brüssel zur festen Residenz dessen wird, was man bislang den europäischen Konferenz-Wanderzirkus nannte. Es bedeutet aber auch etwas anderes: regelmäßige Demonstrationen, ständige Straßensperren und ganz erhebliche Kosten. Zudem dürfte es alle anderen EU-Staaten verärgern. Die jeweilige Präsidentschaft hat nämlich durchaus gerne die offiziellen Gipfel ausgerichtet, lenkten sie doch für einige Tage die Aufmerksamkeit der Welt auf den Tagungsort. Das wurde nun, wie man herauslesen kann, einem weiteren Zentralismus geopfert. Werden zukünftige Verträge nicht mehr nach den Tagungsorten Maastricht, Amsterdam oder Nizza heißen, sondern Brüssel I, Brüssel II und so fort? Eine triste Perspektive.

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