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Nach dem WM-Aus: Was vom Turnier übrig bleibt

Jetzt, da alle ihre Schwarz-Rot-Geil-Fahnen wieder einpacken, wird sich zeigen, wie hoch der Wert der Frauen-WM tatsächlich ist. Denn Sport ist ein Spiel ohne Vorhersehbarkeit - auch wenn die Organisatoren ein Aus der deutschen Nationalmannschaft nicht auf dem Plan hatten.

Zuerst zum Sport: Wer bei einer Fußball-Weltmeisterschaft nur ein gutes Spiel abliefert, darf sich über ein frühzeitiges Ausscheiden nicht wundern. Wer nach zwei gewonnenen WM- Titeln und Monaten intensiver Vorbereitung als Favorit ins Turnier im eigenen Land geht, der muss sich nach einem Viertelfinale ohne Spielidee und zwingende Torchancen fragen lassen, ob er gut eingestellt war. Und wer als Bundestrainer die wichtigsten Protagonisten seiner Mannschaft zurücksetzt statt motiviert und damit das Gegenteil von Erfolg erreicht, muss sich trotz aller Verdienste in der Vergangenheit Fragen nach dem Rücktritt gefallen lassen. Das gilt für Joachim Löw. Das gilt auch für Silvia Neid.

Das Traurige am dramatischen Aufwachen der deutschen Fußballfrauen aus dem ihnen verordneten Sommermärchen sind nicht die ehrlichen Tränen der Spielerinnen oder die schockierte Verwunderung vieler Sportfans, die sich gerade erst für Frauenfußball begeistert haben. Das Fatale ist der Umgang des Deutschen Fußball-Bundes mit dieser Niederlage. Die Organisatoren hatten offensichtlich nur den Sieg des eigenen Teams auf dem Plan. Dabei lebt eine WM auch immer vom Spiel der anderen. Der gesamte Spielplan inklusive Anstoßzeiten war auf einen Durchmarsch des heimischen Teams abgestellt. Nun geht die Weltmeisterschaft weiter, auch ohne Deutschland. Neid, deren Vertrag der DFB schon vor der WM verlängert hatte, kann weiterhin keine „Motivationsprobleme“ bei sich und ihrem Team erkennen (und wurde im Fernsehen von der Rücktrittsfrage verschont). WM-Organisationschefin Steffi Jones trauerte im Deutschland-Trikot auf der Fanmeile, als sei sie nicht Gastgeberin für alle Teams, Ober-Frauenfußballfan Theo Zwanziger tröstete im Stadion jede Spielerin. Dabei waren es die WM- Organisatoren im Verbund mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, die den sonst so sympathisch bescheiden auftretenden Spielerinnen eine überdimensionale WM-Bühne zimmerten und damit die deutsche Frauschaft überforderten.

Jetzt, da alle ihre Schwarz-Rot-Geil- Fahnen wieder einpacken, wird sich zeigen, wie hoch der Wert des Turniers tatsächlich ist, wie ehrlich die Begeisterung. Denn genau das ist Sport: ein Spiel ohne Vorhersehbarkeit. Ein Event, dessen Rahmen man zwar perfekt planen kann (was auch bei dieser deutschen WM wieder der Fall ist), aber dessen Ergebnis eben nicht. Der Frauenfußball mit seiner gewachsenen internationalen Klasse aus nie aufgebenen Amerikanerinnen, spielgewaltigen Schwedinnen und eben flinken Japanerinnen hat pathetische Überhöhungen gar nicht nötig. Diese WM hat auch so begeistert und kann es weiterhin tun – weil die Partien eher von Spielfreude denn von Taktik geprägt sind, weil viele Spielerinnen entwaffnend herzlich jubeln und erstaunlich ehrlich reden können. Ein Höhepunkt war das Bekenntnis von Rekordspielerin Birgit Prinz, sie gab tiefe Einblicke in ihre verwundete Seele.

Der Frauenfußball hat Millionen Fernsehzuschauer und Biergartenfans erreicht und in vielen Herzen Emotionen geweckt. Der bis in die Siebzigerjahre im Westen Deutschlands noch verbotene und im Osten kaum geförderte Sport hat mit diesem Turnier seinen eigenen Platz gefunden – einen Platz, den der DFB nicht auf den kleinen Unterschied reduzieren sollte, wie er es mit dem WM-Motto „20Elf von seiner schönsten Seite“ getan hat. Diese Fußball-WM ist ein Gewinn für den Sport, auch in der kommenden Woche. Auch ohne ein deutsches Team, das sich das Finale nicht verdient hat.

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