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Meinung: Nach den Konzerten

2005 sollte das Jahr Afrikas werden – doch Geld allein hilft dem Kontinent nicht weiter

Wer dachte, Afrika würde im Jahr des Seebebens in Asien und der Bundestagswahl in Vergessenheit geraten, wurde durch den G-8-Gipfel zur Jahresmitte eines Besseren belehrt. Von Bedeutung waren dabei weniger die (eher dürftigen) Resultate als die große Aufmerksamkeit, die Afrika im Vorfeld vor allem durch die Live-8-Konzerte zuteil wurde. Symptomatisch war aber auch, wie schnell der Kontinent mit den Bombenanschlägen in London wieder aus den Schlagzeilen verschwand.

Immerhin konnten sich die acht reichsten Industrienationen in Gleneagles darauf einigen, den ärmsten 20 Staaten der Welt (14 davon aus Afrika) ihre Schulden von rund 40 Milliarden Dollar zu erlassen. Auch soll die westliche Hilfe für Afrika von derzeit 25 Milliarden bis 2010 auf 50 Milliarden Dollar verdoppelt werden. Kaum Fortschritte gab es jedoch in zwei Punkten, die Afrikas Entwicklung Auftrieb geben könnten: beim Abbau der westlichen Agrarsubventionen sowie beim Versprechen der Afrikaner, sich künftig besser zu regieren.

Überhaupt hat das erneute Bestehen auf höhere Geldtransfers nur dafür gesorgt, dass Afrika im Westen inzwischen fast nur noch als ein unheilbar kranker Kontinent wahrgenommen wird, der außer Flüchtlingen, Krankheiten und Instabilität wenig exportiert. Auch vermittelte der Gipfel mit seinem Insistieren auf noch mehr Hilfe fälschlicherweise den Eindruck, es gäbe für Afrika ein Allheilmittel – den „big push“ (starken Schub), der den Kontinent ein für alle Mal aus seiner Stagnation befreit.

Dabei geht es bei Afrika nicht um mehr Geld, sondern um dessen sinnvolle Verwendung: darum, die Machthaber davon abzuhalten, ihre Länder weiter so unverfroren wie bisher auszuplündern. Viele von Afrikas Führern haben sich daran gewöhnt, dass es Hilfe quasi im Abonnement gibt.

Auch übersehen die oft emotionalen Kampagnen für Schuldenerlass und mehr Entwicklungshilfe allzu oft, dass gigantische Summen an Privatkapital um den Globus zirkulieren, von denen bislang weniger als ein Prozent den Weg nach Schwarzafrika gefunden hat. 50 Jahre nach der Unabhängigkeit der ersten Länder bleibt der Schwarze Kontinent vom internationalen Handel weitgehend ausgeschlossen. Zwischen 1960 und heute ist sein Anteil von neun auf unter zwei Prozent geschrumpft – umso erstaunlicher, dass Afrika noch immer als Opfer der Globalisierung gilt. Dabei erklärt gerade sein Ausschluss vom Welthandel den Stillstand auf dem Kontinents.

Voraussetzung für eine echte Kehrtwende wäre nach den versickerten Milliardentransfers nicht ein noch größeres Hilfspaket sondern ein radikaler Mentalitätswandel der Eliten – und der Glaube des demoralisierten Afrikaners an das eigene Potenzial. Mit mehr Bildung, Eigeninitiative und Fleiß könnte Afrika prosperieren. Und einen Kreislauf durchbrechen, der die Regierungen immer wieder aus der Verantwortung entlässt – und so echte Entwicklung verhindert.

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