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Plakate von CDU und SPD.

© dpa

Nach den TV-Duellen: Was geht, wenn nichts geht

Die eine Koalition geht nicht, die andere will niemand, für die dritte ist es zu früh. Und so steht sie wieder vor uns, die große Koalition

Von Antje Sirleschtov

Jürgen Trittin kann nicht Schwarz- Grün , Rainer Brüderle will nicht die Ampel und Gregor Gysi: Der will zwar Rot-Rot-Grün und könnte auch, aber er darf nicht. Willkommen im Endspurt zur Bundestagswahl 2013, Deutschland TV-duelliert sich zur Wahlkabine. 0:0 beim Kanzlermatch am Sonntag. Am Montag die „drei Kleinen“ – Grüne, FDP und Linkspartei. Und am Ende die entscheidende Frage: Wo, bitte schön, kreuzt man auf dem Zettel „große Koalition“ an? Darauf wird’s doch hinauslaufen. Oder nicht?

Reden wir nicht lange von Qualität und Demokratie, große Koalition als Ausnahme und so, wünschenswert allenfalls in Zeiten nationaler Katastrophen. Das stimmt, hilft aber im Konkreten nicht weiter. Und das Konkrete in diesem Herbst ist übersichtlich: Union und SPD sind zwei starke Volksparteien, aber mit einem gemeinsamen Problem: Es will ihnen nicht gelingen, die Wähler von Unterschieden zu überzeugen. Mietbremse? Wollen beide irgendwie. Kita-Ausbau: Ist einer von beiden dagegen? Spitzensteuersatz rauf: Viele in der Union wären dafür. Auch der Kampf gegen Dumpinglöhne eint die Volksparteien, ob das nun Lohnuntergrenze oder Mindestlohn heißt.

Mehr Unterscheidbarkeit, Richtung, Varianz wünschen sich die Wähler. Die kleinen Parteien können das leisten. Es wäre sogar ihre Aufgabe: Königsmacher. Aber hat Trittin eine andere Chance, als auf eine Koalition mit der SPD zu hoffen? Über den Weg nach links ist noch zu reden. Und ein Bündnis mit Angela Merkels Union ist nur eine intellektuelle Fantasie von Politikstrategen. Keine einzige Stimme im Bundesrat und programmatisch weit entfernt: Schwarz-Grün ist eine Option für irgendwann.

Und die Ampel, Peer Steinbrück als Kanzler von Rot-Grün mit der FDP? Unvorstellbar, selbstmörderisch, für eine FDP, die eben noch mit Guido Westerwelle die Freiheit als Auftrag zur Steuersenkung definiert hat und seit dessen Scheitern gar nicht mehr weiß, wo sie das „Liberale“ verorten soll. Mit letzter Kraft hoffen Brüderle, Rösler & Co., ihre Truppe ins Schwarz-Gelbe retten zu können. Sie werden vor der Wahl schwören, was sie hinterher ohnehin nur um den Preis machen könnten, innerlich zerrissen zu werden: keine Ampelkoalition.

Bleibt die Frage nach einer Verbindung von Rot-Grün mit der Linkspartei. Und die Gegenfrage: Soll man mit diesen Nato-Austretern, Zehn-Euro-Mindestlöhnern und Hartz-IV-Lobbyisten das Land regieren? Die SPD hat die Verbindung ausgeschlossen und glaubwürdig begründet. Es bluten noch die linken Wunden.

Im neuen Politbarometer fällt die SPD um zwei Prozentpunkte zurück.
Im neuen Politbarometer fällt die SPD um zwei Prozentpunkte zurück.

© TSP/Schmidt

Aber sie verkrusten, es bilden sich Narben, mit denen man bekanntlich leben kann. Nicht in diesem Herbst, in dem die Lüge einen ohnehin riskanten Start der linken Republik zusätzlich erschweren würde. Aber das Schreckensbild vom aufziehenden Kommunismus, der uns mit Rot-Rot-Grün unweigerlich ins Haus stünde: Dieses Phantom erschreckt nicht mehr. Ausgerechnet Steinbrück, so wenig links wie kaum ein Sozialdemokrat, hat am Sonntag das Tor einen Spalt aufgedrückt. Drei Teile der Linkspartei hat er beschrieben: Ostdeutsche, „pragmatisch“, „verantwortungsbereit“, die (aussterbende) Kommunistische Plattform und das westdeutsche Linkssektierertum, das es schon in seinen Studententagen gab. Droht uns von denen der Untergang? Wohl kaum. Da kann was gehen. Noch nicht jetzt, aber bestimmt beim nächsten Mal. Wenn dann keiner mehr wissen will, wo man das Kreuzchen machen muss für die große Koalition.

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