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Nachdenklich und entschlossen. Die Grünen stehen vor einem personellen Neuanfang, damit sind sie aber nicht allein.

© Reuters

Nach der Bundestagswahl: Rücktrittswelle ist eine Zäsur

Nach Bundestagswahlen sind Rücktritte keine Seltenheit, aber dieses Ausmaß ist neu. Das Ende ist noch nicht absehbar. In nahezu allen Parteien herrscht personelle Bewegung. Eine Zäsur.

Rücktritte nach Wahlen sind nichts Ungewöhnliches. Der Wahlverlierer muss sich häuten, so ist das. Aber was wir derzeit erleben, ist vielleicht die tiefgreifendste und umfassendste personelle Zäsur in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Eine Partei, die FDP, verschwindet komplett aus dem Bundestags und mit ihr die gesamte Führungsriege. Die Grünen erleben etwas ganz ähnliches. Sie, so muss man das wohl sagen, haben es in den Bundestag geschafft, aber auch hier treten die prominentesten Gesichter, die man seit Jahren kennt ab: Claudia Roth, Renate Künast und jetzt auch noch Jürgen Trittin. Bei den Piraten, auch eine Partei mit großen Hoffnungen, Erwartungen und einem tiefen Fall, tritt der Chef Bernd Schlömer ab.

Und das Ende des personellen Umbruchs ist lange nicht erreicht. Er kann sich noch etwas hinziehen, vielleicht sogar Jahre. Aber es wird immer deutlicher, dass wir uns in einer Phase des Umbruchs und der Erneuerung befinden. Nehmen wir die Sozialdemokraten. In den vergangenen Jahren schon kein Hort personeller Konstanz. Hier ist auch noch nicht ausgemacht, ob wirklich jeder bleibt, wo er ist. Was aus Peer Steinbrück wird, ist unklar. Parteichef Sigmar Gabriel muss jetzt geschickt agieren, seine Partei mitnehmen und aufpassen, dass sich die Enttäuschung über das Wahlergbnis nicht doch noch bei ihm ablädt. Mit Olaf Scholz und Hannelore Kraft lauern zwei im Hintergrund, die Ansprüche anmelden werden - früher oder später.

Oder nehmen wir die Linke. Hier hat Gregor Gysi ein beachtliches Ergebnis für seine Partei eingefahren. Aber auch seine Zeit als Held der Linken neigt sich dem Ende zu. Personen wie Dietmar Bartsch oder Sahra Wagenknecht warten auf ihre Chancen.

CDU-Triumph auch Anfang vom Ende

Und selbst beim großen Wahlgewinner, der CDU, ist der Triumph auch der Anfang vom Ende. Vom Ende der Führungsfigur Angela Merkel. Natürlich ist sie die unumstrittene "Königin". Sie hat die Fäden in der Hand. Und sie kann klug kalkulieren. Dieses Ergebnis zu toppen wird schwer, ihre Popularität weiter zu steigern aber auch. Deshalb ist es zumindest sehr fraglich, ob sie in vier Jahren wieder antreten wird. Insofern ist die Legislaturperiode für die CDU auch eine Phase des Aufbaus. Es müssen neue Leute für die zweite und wohl auch die erste Reihe gefunden werden.

Inhaltlicher Neubeginn durch Rücktrittswelle?

Die Rücktritte zeigen, dass dieser zurückliegende Wahlkampf so langweilig nicht war, wie einige behaupten. Vor allem in der Rückschau, denn hier liegt eine der Ursachen für die Rücktrittswelle und auch dafür, dass es so viele Verlierer gibt: seien es die Steuerpläne, Zweitstimmenkampagnen, Kanzlergehälter, oder die Fixierung auf eine Person.

Egal, wo man also derzeit hinschaut, es ist Bewegung da. Spannend wird jetzt die Frage, ob mit dem personellen Umbruch auch ein inhaltlicher Neubeginn verbunden sein wird. Ob Grenzen zwischen den Parteien fallen. Dann wäre es wirklich eine spannende Epoche.

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