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Meinung: Nach der Euphorie die Verantwortung Berlins SPD bekennt sich zur neuen Rolle – ohne Selbstmitleid

Von Barbara Junge Die Euphorie ist verflogen, keine Frage. Aber übrig geblieben ist bei den Berliner Sozialdemokraten, wie es aussieht, mehr als nur Katzenjammer.

Von Barbara Junge

Die Euphorie ist verflogen, keine Frage. Aber übrig geblieben ist bei den Berliner Sozialdemokraten, wie es aussieht, mehr als nur Katzenjammer. Die Partei, die sich vor einem Jahr aufgebäumt hatte und in einem Kraftakt aus der babylonischen Gefangenschaft in der Großen Koalition ausgebrochen war, scheint heute die Verantwortung für das eigene Handeln tragen zu wollen. Vielleicht nicht nur aus Einsicht. Mindestens aus dem Wissen heraus, dass sie keine Alternative mehr hat.

Der Parteitag am Sonntag war kein Abbild von Harmonie und Einigkeit. Die Parteiführung musste Kritik an ihrer harten Sparpolitik einstecken, auch die Reform der Parteiarbeit, wie von der Spitze vorgeschlagen, wurde in Debattenbeiträgen scharf kritisiert. Doch wer erwartet hätte, die Berliner Sozialdemokraten würden – getreu ihrem Ruf als ewige Nörgler und politische Genossenmörder – wieder einmal die Messer wetzen, wurde überrascht. Die Diskussion verlief diesmal solidarisch. Kein böses Wort über die Koalition mit der PDS. Während viele in der Stadt sich fragen, wie lange die SPD das Bündnis mit den Genossen aus dem Osten aushält, hält sich die Partei an die vom Vorsitzenden erneut ausgegebene Devise: Es gibt keine Alternative zu diesem Bündnis.

Peter Strieder wurde mit einem akzeptablen Ergebnis wiedergewählt, fast exakt dem selben wie vor zwei Jahren. Kritik an seiner Person ist nach wie vor zumeist Kritik am Führungsstil, nicht am politischen Kurs. Nicht einmal ein Auftritt des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit war nötig, um die in der Stadt umstrittene Sparpolitik zu verteidigen. Was manche als Führungsschwäche auslegen, war am Ende eher ein Ausweis der neuen Geschlossenheit der Berliner SPD. Da musste dann weder Wowereit noch ein anderer offiziell in die Bütt, um die Koalition zu verteidigen. Die Frage stellt sich den Genossen offenkundig gar nicht.

Die SPD scheint zweierlei begriffen zu haben. Weil sie Klaus Wowereit im vergangenen Jahr euphorisch unterstützte, was das Bekenntnis zum Bündnis mit der PDS mit einschloss, hat sie diese Koalition heute auch selbst zu verantworten. Dieses eine Mal gibt es keinen, auf den man die Schuld abschieben könnte.

Als noch wichtiger könnte sich eine zweite Erkenntnis erweisen. Häufig fiel am Sonntag das Wort „Verantwortung“ – zumeist als Herausforderung, die Stadt aus der Misere zu führen. Die Sozialdemokraten wissen, dass sich darin eine andere Verantwortung verbirgt: Es ist die SPD selbst, die Berlin im Bündnis mit der CDU in diese Lage gebracht hat. Lange war es bequem, die Große Koalition zu bemäkeln – mit einer linken Koalition als Ausweichmodell. Jetzt muss die SPD zeigen, dass sie mehr kann, als die Lage zu beklagen. Auf dem Parteitag hat sie die Bereitschaft dazu gezeigt.

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