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Die Geiseln nach der Landung in Deutschland mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

© dpa

Nach Geiselnahme in der Ukraine: Vorgeschichte der OSZE-Mission muss aufgeklärt werden

Die OSZE-Beobachtermission in der Ostukraine war problematisch – auch wenn sie rechtlich in Ordnung war. Die Aufklärung der deutschen Beteiligung tut jetzt not. Schon allein, um sich in Zukunft gegen Vorwürfe zu wappnen, es werde Spionage betrieben.

Die Bundesministerin der Verteidigung hat angekündigt, die Vorgeschichte jener Beobachtermission durchleuchten zu lassen, die mit der einwöchigen Geiselhaft europäischer OSZE-Offiziere in der Ostukraine fast ein schlimmes Ende genommen hätte. Nach einer Panne aufzuklären, wie es dazu kommen konnte, ist aber immer nur die zweitbeste Lösung. Richtiger wäre es gewesen, im Vorfeld der Entsendung die Notwendigkeit der Maßnahme zu bewerten, die Umstände, unter denen sie stattfindet, zu definieren und die Risiken sorgfältig abzuwägen. Soweit bislang abzusehen ist, wurde wenig davon mit der nötigen Sorgfalt gemacht.

Unstrittig ist, dass die Offiziere, die der Mission angehörten, sich auf dem rechtlichen Boden der OSZE-Regeln bewegten. Das sogenannte Wiener Dokument, auf welches sich das Verteidigungsministerium bezieht, sieht die Möglichkeit von Militärinspektionen vor. Dazu ist keine ausdrückliche Zustimmung aller involvierten OSZE-Unterzeichnerstaaten nötig.

Die Aufklärung kann, wie gerade in der Ostukraine, sinnvoll sein, um die tatsächlichen Machtverhältnisse in einer umstrittenen Einflusssphäre zu eruieren. Aber damit endet auch schon der nachvollziehbare Bereich dieser Aktion, die im Übrigen nichts mit den beiden von allen OSZE-Staaten getragenen großen Missionen zu tun hat, die zurzeit in der Ukraine und im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vom 25. Mai unterwegs sind.

Dass man über Details des Auftrags der festgenommenen Offiziere nicht öffentlich diskutierte, solange sie in Geiselhaft waren, ist eine Frage des Verantwortungsgefühls gewesen. Nun kann es geschehen. Im konkreten Fall hat sich Russland zwei Mal gegen die Entsendung einer Beobachtergruppe in die Nähe von Slowjansk gestellt. Moskau konnte es nicht verhindern. Die Maßnahme gegen den erklärten Willen einer der in den Konflikt involvierten Parteien durchzusetzen, war jedoch unklug. Der Verdacht liegt nahe, dass jene „hochprofessionellen Kräfte“ – so ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums –, die die Beobachter dann gefangen nahmen, aus Russland geschickt worden waren.

Die Offiziere aus Deutschland, Skandinavien und Tschechien zudem auch noch in Begleitung ukrainischer Militärs, also der Gegner der Separatisten, und in Zivil auf den Weg zu lassen, grenzt schon an Verantwortungslosigkeit. Die Uniform, verbunden mit den Insignien der OSZE-Mission, hätte alle Beteiligten auch gegenüber den prorussischen Freischärlern unter einen mehr als symbolischen Schutz gestellt. So aber war der Verdacht, es könnte sich um Spione handeln, zumindest nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen.

Es ist völlig legitim, dass Sozialdemokraten und Politiker der Linken und auch der CSU-Mann Peter Gauweiler nun öffentlich Fragen zu den Vorgängen stellen. Freilich urteilt Gauweiler da weltfremd, wo er das Verhalten der Offiziere gegenüber Geiselnehmern während einer Pressekonferenz kritisiert. Aber wer hier insgesamt Aufklärungsbedarf sieht, ist kein Nestbeschmutzer. Er handelt vielmehr im Interesse jener Bundeswehrangehörigen, die vielleicht demnächst wieder auf eine OSZE-Mission geschickt werden.

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