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Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner muss das Land nun auf eine solidere Finanzpolitik einstimmen.

© Reuters

Nach Staatspleite: Weine nicht, Argentinien

Argentinien schlittert in die Staatspleite. Schon wieder. Schuld sind rücksichtslose Hedgefonds - aber nicht allein. Für die Finanzpolitik des Landes könnte die Krise heilsam sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andreas Oswald

Es ist das wunderschöne Land des Tangos, der Wehmut, der Träume. Es ist diese Sehnsucht, die die Argentinier immer wieder Politiker in der Tradition Peróns wählen ließ, die mit populistischen Versprechungen die Massen anzogen. Wer Träumen nachhängt, mag nur ungern nachrechnen, was die Träume kosten. Das Bild, das die Regierung seit Wochen zeichnet, ist dies: Ein kleine Gruppe rücksichtsloser Hedgefonds – „Geierfonds“, wie Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner sie nennt – nimmt ein armes Land in den Würgegriff.

In der Tat: Die Hedgefonds bestanden bis zuletzt darauf, dass die Schulden plus Zinsen zurückgezahlt werden. Dass sie so weit gehen konnten, lag an einem 83 Jahre alten Richter in New York, Thomas Poole Griesa, der den Fonds recht gab, weil für Staatsanleihen, die in New York begeben werden, US-Recht gilt. Argentinien wird unter dem Zahlungsausfall leiden. Die Bonität des Landes wird herabgestuft, es drohen Inflation, Kapitalflucht, Investitionsstau, Rezession. Eine Ansteckung der weltweiten Kapitalmärkte wie beim letzten Mal 2001 wird dagegen kaum erwartet.

Allerdings befürchten Experten, dass künftige Schuldenverhandlungen mit Gläubigern klammer Staaten schwieriger werden. Die Folge ist, dass Anleger – vor allem Pensionsfonds – sich künftig besser überlegen werden, wessen Staatsanleihen sie kaufen. Weniger solide Staaten werden in der Folge höhere Zinsen zahlen müssen. Dass jedes Handeln Folgen hat, sieht nicht jeder ein. Für Argentinien ist der jetzige Zahlungsausfall der vierte in 32 Jahren. Seit der Unabhängigkeit 1816 war das Land acht Mal zahlungsunfähig. Es könnte sein, dass daran nicht immer nur andere schuld waren.

Als Argentinien in New York Staatsanleihen begab, wusste die Regierung, dass dort US-Recht gilt. Den Richter dafür zu beschimpfen, dass er steinalt ist und rücksichtslosen Spekulanten vorzuwerfen, dass sie rücksichtslos sind, zeugt davon, dass die Regierung sich nicht der Realität stellen will. Die sich sonst so oft volksfreundlich gebende Regierung in Argentinien vergoss kein einziges Mal Tränen über die Tatsache, dass es zu einem großen Teil die Ersparnisse italienischer Rentner waren, deren Pensionsfonds die argentinischen Staatsanleihen damals gekauft hatten. Im Vertrauen darauf, dass in den USA begebene Dollaranleihen sicher seien.

Vielleicht hat der Fall für Argentinien aber auch eine positive Seite. Die Zwischenwahlen im vergangenen Oktober, bei denen die Regierung fast die Macht verlor, und der Druck der Märkte haben dazu geführt, dass Fernández de Kirchner die Richtung änderte und seither auf mehr finanzpolitische Solidität setzt. Argentinien ist in der Realität angekommen.

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