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Meinung: Nahost-Konflikt: Gestundete Hoffnung

Israels Armee ist aus Beit Jallah abgezogen, von dort wird nicht mehr auf den Jerusalemer Außenbezirk Gilo geschossen. Der zwischen Arafat und Peres mündlich vereinbarte örtliche Waffenstillstand trat mit mehrstündiger Verspätung in Kraft und hält nur vorläufig, ist also alles andere als stabil.

Israels Armee ist aus Beit Jallah abgezogen, von dort wird nicht mehr auf den Jerusalemer Außenbezirk Gilo geschossen. Der zwischen Arafat und Peres mündlich vereinbarte örtliche Waffenstillstand trat mit mehrstündiger Verspätung in Kraft und hält nur vorläufig, ist also alles andere als stabil.

Von Entspannung kann keine Rede sein, vielmehr warten beide Seiten gespannt darauf, wann wieder der erste Schuss fällt. Arafats "Tanzim"-Kämpfer, die immer wieder das Feuer auf Gilo eröffnet hatten, behaupten nun, sie würden sich an den Waffenstillstand halten, doch weder die "Hamas"-Islamisten noch die Linksnationalisten der DFLP und der PFLP hätten sich dazu verpflichten lassen. Es kann jede Minute wieder losgehen. Falls Gilo wieder beschossen werde, wollen sie nach Beit Jallah zurückzukehren, haben Israels Militärs bereits angedroht.

Und dass wieder geschossen wird, ist recht wahrscheinlich - man gebe sich da keinen Illusionen hin. Nicht nur, weil die oppositionellen palästinensischen Gruppierungen sich wenig um Arafats Befehle kümmern. Auch Arafat selbst wird schießen lassen, sobald ihm dies taktisch nützlich erscheint. Israel wiederum bietet mit seiner seit dieser Woche erweiterten Liquidierungspolitik den Palästinensern genügend Vorwände für die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen. Und doch ist die nun erzielte Übereinkunft ein erster Hoffnungsschimmer: Hält der örtliche Waffenstillstand auch nur einige Tage, so wird der unermüdliche Peres versuchen, seinen Plan einer ganzen Kette von örtlichen und regionalen kleinen Waffenstillständen, die zuletzt zu einem einzigen, großen, zusammengefasst werden sollen, umzusetzen.

Die Waffenruhe-Übereinkunft von Beit Jallah / Gilo gibt aber dennoch keinen Anlass für übertriebene Hoffnungen. Es handelte sich um eine Feuerwehrübung unter internationalem Druck. Beide Seiten, Palästinenser und Israelis, waren letztlich an einem Ende der Kampfhandlungen an diesem spezifischen Punkt interessiert, weil der politische Schaden größer zu werden drohte als der Nutzen. Dies gilt nicht für das gesamte Konfliktgebiet, weder für den Gazastreifen noch das Westjordanland.

Arafat hofft mittels Fortsetzung der Kampfhandlungen seine politischen Ziele - zuerst Internationalisierung des Konfliktes und danach einen israelischen Totalabzug unter internationalem Druck - schneller zu erreichen. Scharon genießt eine einzigartige Popularität im eigenen Lande, die er auch den Liquidierungen von angeblichen Terror-Aktivisten verdankt, und die er nicht durch Verhandlungen gefährden will, in deren Folge er Zugeständnisse machen müsste. Und weil er keinen konkreten Plan zur Beilegung des Konfliktes zu haben scheint, lebt Scharon mit den anhaltenden Kämpfen letztlich genau so gut wie Arafat, der ohnehin in kritischen Momenten nie im Lande ist, so auch jetzt.

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