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Nahostkonflikt: Fatahstan soll blühen

Israel macht Abbas Zugeständnisse und stärkt ihn mit symbolischen Gesten.

Es kommt immer schlimmer, als man denkt, ist eine der Regeln des Nahostkonflikts. Deshalb sind die wenigen guten Nachrichten so bemerkenswert. Die Israelis bieten Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an, 250 in Israel einsitzende palästinensische Gefangene freizulassen. Gleichzeitig haben sich etwa 180 Militante in der Westbank schriftlich verpflichtet, keine terroristischen Aktionen mehr durchzuführen – im Gegenzug will Israel sie von der Fahndungsliste streichen. Israel war in den letzten Jahren stets geizig, wenn es galt, Mahmud Abbas mit symbolischen Gesten zu stärken. Dafür gab es gute Gründe, schließlich hat er nie den Eindruck vermittelt, entschlossen gegen Extremisten vorzugehen und israelischen Sicherheitsinteressen entgegenzukommen. Abbas’ zögerliches Vorgehen bei der Machtprobe in Gaza hat gezeigt, dass die Zweifel an seiner Durchsetzungkraft berechtigt waren. Allerdings führte der Hamas-Coup auch jedem vor Augen, dass die Alternativen zu Abbas noch schlimmer sind. Die Israelis haben in den Abgrund von Gaza geschaut – und es hat ihnen nicht gefallen, was sie dort sahen.

Ariel Scharon hatte die Parole "Gaza first" ausgegeben. Israels Rückzug sollte den Palästinensern die Chance geben, zu zeigen, dass sie einen Staat regieren können. Diese Generalprobe ist gescheitert – seit Israels Rückzug flogen mehrere tausend Raketen aus Gaza allein auf die Stadt Sderot. Nun heißt die neue Losung: Die Westbank muss zu einem Erfolgsprojekt werden. Das will die Fatah, deren Funktionäre schon von einer Wirtschaftsunion mit Jordanien reden. Das wollen die Europäer, die froh sind, ihr Geld endlich wieder an palästinensische Regierungsstellen überweisen zu können. Das wollen die Amerikaner, deren Außenministerin in Sachen Nahost inzwischen erheblichen Ehrgeiz entwickelt. Und nun wollen es auch die Israelis, die keinen weiteren islamischen Gottesstaat vor der eigenen Haustür wollen. Um Abbas zu stärken, sind sie sogar bereit, verurteilte Terroristen vor Verbüßung ihrer Strafe freizulassen – solange sie nicht der Hamas angehören. Das Ganze folgt einer einfachen Logik: Wenn die Westbank wirtschaftlich und politisch erfolgreich ist, werden die Menschen in Gaza merken, dass sie mit der Hamas in einer Sackgasse gelandet sind und sie hinausjagen. Selbst wenn dieses Wunschdenken bald Bekanntschaft machen wird mit der Realität – der sprichwörtlichen Korruption der Fatah-Leute genauso wie den israelischen Checkpoints, die das palästinensische Wirtschaftsleben ersticken: Einen Versuch ist es wert.

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