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Neues Mietrecht für Berlin?: Leben von der Substanz

In Berlin wird der bezahlbare Wohnraum nicht nur in den attraktiven City-Quartieren allmählich knapp. Politiker aller Parteien warnen außerdem zu Recht vor der drohenden Segregation in der Stadt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Den Berliner Mieterverein wird es freuen, dass die linke SPD-Politikerin Ülker Radziwill die Axt ans deutsche Mietrecht legen will. Dazu gehört ja auch Mut, alle wesentlichen Grundregeln für Mieterhöhungen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch stehen, mit einem Schlag zu Fall zu bringen. Zweifellos folgt die Sozialdemokratin ehrlichen Motiven: In der Mieterstadt Berlin, mit zeitweise 100 000 leer stehenden Wohnungen, wird der bezahlbare Wohnraum nicht nur in den attraktiven City-Quartieren allmählich knapp. Wer über 100 Quadratmeter für seine Familie benötigt, wer als Single eine kleine Wohnung sucht, aber auch Senioren, die auf einen Fahrstuhl angewiesen sind, haben es schon schwer, etwas Passendes zu finden.

Außerdem warnen die Kommunalpolitiker aller Parteien zu Recht vor der drohenden Segregation in Berlin. Ein schreckliches Wort für den schrecklichen Zustand, dass arme Menschen nur noch in Vierteln wohnen, in denen es andere arme Menschen gibt. Wohin das sozial- und integrationspolitisch führt, ist weithin bekannt. Doch sei die Frage erlaubt, ob ein gesetzliches Bollwerk gegen Mieterhöhungen das Allheilmittel ist. Denn Berlins großer Vorteil, ein flächendeckender Altbaubestand, ist auch ein Nachteil, weil hinter vielen Immobilien immer noch relativ kapitalschwache Privateigentümer stehen. Auch wenn so manche Bestände derweil von mieterfressenden Heuschrecken aufgekauft wurden.

Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an die Vermieter, ihre Häuser klimaschützend zu sanieren, und nicht wenige Altbauten leben nur noch von der Grundsubstanz. Auch die Wohnimmobilien Berlins spiegeln die Wirtschaftsschwäche der Stadt wider. Kurz gesagt: Es fehlt Geld, und wenn die Miete es nicht hergibt, dann muss der Staat helfen. Wer also berechtigterweise mieterfreundliche Gesetze fordert, muss dies durch gezielte, öffentliche Fördermaßnahmen begleiten, falls Modernisierung, energetische Sanierung oder der Neubau von Wohnungen anders nicht finanzierbar sind. Auch das ließe sich so gestalten, dass sich an der Staatsknete nicht die Falschen bereichern.

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