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Meinung: New York, Kabul, Bagdad – und Jerusalem?

Der Palästinakonflikt war nicht Ursache des 11. September – aber er befeuert den Terror

Direkt vor dem zweiten Jahrestag der Anschläge vom 11. September beenden blutige Selbstmordattentate und Vergeltungsschläge die Waffenruhe im Nahen Osten. Zufall? Oder symbolisch, weil der islamische Terror untrennbar mit dem Palästinakonflikt verbunden ist?

Analytisch lässt sich der Anschlag in New York sehr wohl davon trennen. Die Täter kamen nicht aus palästinensischen Flüchtlingslagern, sondern aus der saudischen Mittelschicht. Ihr Zorn auf Amerika gründet auf der Präsenz von US-Truppen im Land der heiligsten Stätten, Mekka und Medina; weniger auf Amerikas Unterstützung für Israel. Al Qaidas Ausbildungslager standen in Afghanistan, fern vom Nahen Osten.

Doch in der Wahrnehmung vieler Menschen vermischen sich Palästinakonflikt, internationaler Terror und der Kampf dagegen. Auch in Europa, besonders aber in der arabischen Welt. Dort benutzen alle Lager den Zorn über die israelische Besetzung der Palästinensergebiete, um die Konflikte in ihrem Sinne zu befeuern. Den Regimen dient er als Blitzableiter, damit sich die Unzufriedenheit nicht gegen sie richtet. Und den Protestbewegungen zur Legitimation ihres doppelten Kampfes – gegen Israel und gegen ihre Herrscher, weil die doch offen oder heimlich mit Israel und Amerika kooperierten. Das ist ein bequemer und verlogener Ablenkungskonsens, um sich nicht den wahren Problemen der arabischen Welt stellen zu müssen. Er treibt Jugendliche den Terrorgruppen zu.

Muss dann nicht jede nachhaltige Entspannung zwischen islamischer und westlicher Welt bei der Lösung des Nahostkonflikts ansetzen? Auch darum ging der Irak-Streit: erst Jerusalem, dann Bagdad oder umgekehrt? War Saddam Hussein ein entscheidendes Hindernis auf dem Weg zum Nahostfrieden, das man zuerst beseitigen musste; oder brauchte Amerika die Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern, ehe es den Irak angreifen konnte, ohne einen Aufruhr der arabischen Massen zu riskieren?

Wie aber kommt man zum Nahostfrieden: nur mit Arafat oder indem man ihn isoliert? Durch unerbittlichen Kampf gegen Terror oder indem Israel ihn erträgt, um die Automatik zu durchbrechen, dass jedes neue Attentat die Annäherung stoppt? Die Logik der Road Map: Die Palästinenser bekommen ihren Staat, müssen aber selbst die Terrorgruppen bekämpfen. Das hat bisher nicht funktioniert. Weil kein palästinensischer Politiker das könne, ohne den Rückhalt zu verlieren, sagen die Verständnisvollen. Weil die palästinensische Führung ein Doppelspiel betreibe, meinen die Misstrauischen. Insbesondere Arafat sei Teil des Problems, nicht der Lösung.

Saddam ist weg. Sein Sturz hat die Waffenruhe ermöglicht, aber ihr Ende nicht verhindert. Es war nicht falsch, den Terror auch anderswo zu bekämpfen. Aber bevor der Frieden in Jerusalem nicht gewonnen ist, werden der Hydra immer neue Köpfe nachwachsen.

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