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Meinung: Nicht nur zehn Yales

Die Eliteunis dürfen an der föderalen Struktur nichts ändern Von Roland Koch

Eine Zustimmung Hessens zu dem in der vergangenen Woche von den Wissenschaftsministern der Länder und des Bundes gefassten Beschluss über eine bestimmte zentralistische Förderung von ExzellenzInitiativen im deutschen Hochschulwesen wird es nicht geben. Das irritiert und erbost manche Betrachter. Wollen die Hessen etwa den Hochschulen das dringend erforderliche zusätzliche Geld verweigern? Geht es um einen reinen Prinzipienkampf im Zusammenhang mit der Föderalismusreform? Haben hessische Universitäten das Geld nicht nötig oder gönnen es den anderen nicht?

In der Diskussion um ein neues gemeinsames Programm von Bund und Ländern zugunsten der Hochschulen geht es in der Tat um Prinzipien und auch um Geld. Zunächst zum Geld: Von einer Verbesserung der Ausstattung der deutschen Hochschulen durch die Vereinbarung zu reden, ist zur Stunde völlig falsch. Der Bund ist im Rahmen der angestrebten Vereinbarung bereit, gerade einmal das Geld den Hochschulen wiederzugeben, das er in seiner mittelfristigen Finanzplanung den Hochschulen für Baumaßnahmen gestrichen hat. Für die Hochschulen in Deutschland ist die Vereinbarung also keineswegs die Chance zu einer Verbesserung ihrer finanziellen Situation. Konkret heißt das, der Bund hat in dem Bereich der Hochschulbaumaßnahmen 1,4 Milliarden Euro im Rahmen seiner mittelfristigen Finanzplanung eingespart und würde im Rahmen der jetzigen Exzellenz-Initiative im Gegenzug 1,4 Milliarden Euro Mittel zur Verfügung stellen.

Zweitens, zu den Prinzipien: Ein großer Teil der Vorschläge wie die Verbesserung der Finanzierung der großen Wissenschaftseinrichtungen oder die Schaffung von graduierten Kollegs und ExzellenzZentren sind richtig und unbestritten. Aber die von der Bundesregierung mit aller Gewalt gewünschte Veränderung der Förderprinzipien für Hochschul- und Forschungsarbeit in Deutschland wird gravierende Folgen haben. Wir haben uns in Deutschland bisher von den amerikanischen und französischen oder britischen Strukturen dadurch unterschieden, dass es nicht einige Hochschulen gab, die international bekannt waren und an denen man studiert haben musste, wenn man zur beruflichen Elite gehören wollte, sei es Harvard oder Yale, sondern in Deutschland hatten wir unterschiedliche Universitäten in unterschiedlichen Regionen. Das war nicht nur gelebter Föderalismus, sondern war auch eine große Chance, Exzellenz an unterschiedlichen Stellen des Landes immer neu zu schaffen und nicht einige Monopol-Institutionen mit all ihrem Legitimationsdruck aufzubauen. Seit den Planungen von Frau Bulmahn, fünf deutsche Eliteuniversitäten zu schaffen, ist der Kampf um den Paradigmenwechsel entbrannt. Sicherlich sind in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in den letzten Wochen wesentliche Veränderungen und Verbesserungen zugunsten einer föderalen Hochschulstruktur erreicht worden. Die machen es sinnvoll, das Gespräch weiterzuführen, das vor einigen Wochen noch als eher sinnlos erschien. Letzten Endes ist allerdings auch mit dem neuen Konzept verbunden, dass zehn deutsche Universitäten nicht mehr für ihre wissenschaftliche Leistung in Physik, Wirtschaftswissenschaften oder Japanologie besondere Zuwendungen im Bereich der Bund-Länder-Forschungsförderung erhalten, sondern für ihre Steuerung der Forschungsinfrastruktur, also für die Organisation der Universität. Es wird also zehn Hochschulen in Deutschland geben, die behaupten können, kraft Auswahlverfahren „die“ Forschungsuniversitäten in Deutschland zu sein. Da ist er wieder, der Paradigmenwechsel. An ihm hat sich durch all die wichtigen Schritte in die richtige Richtung in den Gesprächen nichts verändert. Wir haben in Deutschland 85 Universitäten. Ohne seinen Ruf zu schädigen, kann jeder Professor, auch wenn er Nobelpreisträger ist, an jeder dieser Hochschulen lehren und forschen. In Zukunft müsste sich jener Nobelpreisträger sehr genau überlegen, ob er sich aus Gründen des internationalen Ansehens nicht an eine der zehn Hochschulen bewerben muss, die – nach welchen Kriterien auch immer – ausgezeichnet worden sind.

Viele der Hochschulpräsidenten, die in diesen Tagen Druck auf Hessen ausüben, doch das Geld um des Geldes willen anzunehmen, denn man brauche jeden Euro, werden dann lamentieren, dass sie keine Chance mehr haben, im Wettbewerb ihrer Fachbereiche mit den gleichen Voraussetzungen anzutreten, wie sie heute in außergewöhnlicher Weise in Deutschland gegeben sind. Paradigmenwechsel haben aber den entscheidenden Nachteil, dass man sie nicht jeden Tag neu vornehmen kann. Deshalb gibt es allen Grund, weiter zu verhandeln. Hessen ist bereit dazu, aber nicht bereit, eine Einigung um der Einigung willen mitzumachen.

Der Autor ist hessischer Ministerpräsident.

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