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Meinung: Noch eine orangene Revolution

Jörg Haider bleibt Wolfgang Schüssels Alter Ego – nur wie lange hält das Bündnis diesmal?

Wolfgang Schüssel hat sich also fürs Zocken entschieden: Er will weiter regieren mit jenen Ministern von Jörg Haiders Gnaden, die auf dem Ticket der rechtspopulistischen FPÖ gewählt waren und jetzt ein neues Bündnis eingegangen sind, weil sie sich in eben dieser FPÖ nicht mehr durchsetzen können. Dass Kanzler Schüssel das technisch und rechtlich kann, weil samt der FPÖ-Regierungsmannschaft auch der Großteil der FPÖ-Fraktion zu Haiders orangenem „Bündnis für die Zukunft Österreichs“ (BZÖ) gewechselt ist – geschenkt.

Bloß: Wie lange kann das gut gehen? Tatsächlich die ganzen 18 Monate bis zur nächsten regulären Wahl? Wohl kaum. Schüssel verlangte vor seiner Einwilligung zur neuen alten Koalition von den neuen alten Partnern Garantien, dass sie die Arbeit der Regierung nicht weiter torpedieren. Die bekam er. Doch der ÖVP-Kanzler verlässt sich dabei auf das Wort seines größten politischen Feindes – Jörg Haider. Der hat aber in den vergangenen 25 Jahren bewiesen, dass er keine langfristigen Strategien verfolgt, sondern instinktiv handelt – je nach Tagesverfassung und demoskopischer Lage. Warum sollte er plötzlich ein paktfähiger Partner sein? Im Moment glaubt der Kärntner, dass ihm eine Regierungsbeteiligung mehr nützt als schadet – nach den Landtagswahlen in Wien, im Burgenland und in der Steiermark, die er vermutlich verlieren wird, kann das wieder ganz anders ausschauen.

Und dann ist da noch diese skurrile Ex-FPÖ- und Jetzt-BZÖ-Fraktion. Die ist anders als Schüssels ÖVP ein fragiles Wesen mit Partikularinteressen. Burschenschafter sind darin genauso vertreten wie in die Jahre gekommene Juppies und, wenn auch im kleinen Ausmaß, Sozialreformer. Im Gegensatz zu Haider selbst sind sie der alten FPÖ aber nicht in Feindschaft verbunden, sondern können, wenn es ihnen in den Kram passt, mit den in der FPÖ verbliebenen Burschenschaftern und Juppies von Fall zu Fall gemeinsame Sachen machen. Das kann sich die Koalition aber auch nicht allzu oft leisten – sie hat im Parlament nur eine Mehrheit von fünf Mandaten.

Wolfgang Schüssel mag sich in seinem politischen Leben wiederholt als guter Zocker bewiesen haben – aber so ein schlechtes Blatt hatte er noch nie.

Markus Huber

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