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Meinung: Noch eine ruhige Hand

Greenspan, Bush und das labile US-Wachstum

Von Alfons Frese

George W. Bush hatte keine Chance gegen Alan Greenspan. Während am Dienstag der Präsident der USA die Wirtschaft auf gutem Wege sah, sorgte sich der Präsident der US-Notenbank – übrigens zum ersten Mal seit Januar – um die Konjunktur. Und die Wall Street glaubte Greenspan, die Kurse fielen. Vielleicht waren die Börsianer aber auch enttäuscht, dass der Guru der Geldpolitik die Zinsen nicht gesenkt hatte. Womöglich hätte er es gerne getan, aber dann könnte er bald nicht mehr: Der US-Leitzins liegt bei 1,75 Prozent und damit so niedrig wie zuletzt vor 41 Jahren. Wenn sich die Wirtschaftsschwäche verschärft, dann braucht die Notenbank noch mehr als heute das Instrument der Zinssenkung. Deshalb hat sich Greenspan am Dienstag zurückgehalten.

Dabei gibt es Gründe genug für den Einsatz billigeren Geldes als Konjunkturstütze. Die Börsen und das Vertrauen der Anleger sind nach den zahlreichen Bilanzschiebereien und den Kursverlusten schwer beschädigt. Seit Mittwoch müssen die Chefs der größten US-Firmen zwar für die Richtigkeit ihrer Bilanzen geradestehen. Bis zur Überwindung der Vertrauenskrise werden indes noch Monate vergehen. Mindestens.

Das so genannte Verbrauchervertrauen ist in den USA entscheidend für die Wirtschaft, weil gut zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts vom privaten Konsum abhängen. Zuletzt stieg der Verbrauch um mehr als ein Prozent; doch ohne die Autokäufe, die mit massiven Rabatten der Autohersteller geradezu provoziert werden, hätte es nur einen Zuwachs um 0,2 Prozent gegeben. Anders gesagt: Das US-Wachstum wird von den Autokonzernen finanziert. Das kann man mal machen, um den Markt zu stabilisieren. Aber irgendwann geht auch dem profitabelsten Unternehmen das Geld für Geschenke aus. General Motors, Ford und Chrysler begannen ihre teure Verkaufsförderung zehn Tage nach dem 11. September. Was passiert wohl, wenn es keine Rabatte mehr gibt?

US-Wirtschaft und -Verbraucher haben die Terroranschläge bemerkenswert gut weggesteckt. Dabei half die Regierung mit Steuerrückgeschenken und milliardenschweren Hilfen für betroffene Branchen und nahm den Rückfall in eine Schuldenpolitik Reaganschen Ausmaßes in Kauf. Auch das geht aber nur eingeschränkt, weil weder Verbraucher noch Staat ständig auf Pump leben können. Und nicht-profitable Unternehmen lassen sich auch nicht auf ewig vor dem Absturz bewahren, wie die Pleite der US Airways zeigt. Ein knappes Jahr nach dem 11. September scheinen sich die Verhältnisse in den USA nun zu normalisieren. Jedenfalls pokert Greenspan wieder, während Bush die Gefahren des Haushaltsdefizits erkennt und Einsparungen ankündigt. Im Übrigen wolle er angesichts der wirtschaftlichen Situation mit „ruhiger Hand“ regieren, sagt Bush. Das hat Gerhard Schröder auch mal gesagt.

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