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Ein südkoreanischer Soldat überwacht den Übergang zur entmilitarisierten Zone, die die beiden Koreas trennt.

© AFP

Nordkorea genehmigt Atomangriff auf die USA: Das rational-irrationale Handeln Kim Jong Uns

Nordkorea will mit der Blockade der gemeinsamen Sonderwirtschaftszone mit Südkorea Druck ausüben - dabei würde es dadurch selbst am schwersten geschädigt. Die USA werden dieses Spiel der verkehrten Tatsachen nicht mitspielen.

Die Eskalationsspirale in Korea hat eine absurde Windung erreicht: Nordkorea will mit der Blockade der gemeinsamen Sonderwirtschaftszone Druck ausüben! Wie bitte? Die umgekehrte Frontstellung wäre leichter zu verstehen: Wenn der Süden mit dem Ende der Kooperation drohte, um den Norden von der Kriegstreiberei abzubringen. Immerhin ist das Kim-Regime existenziell auf Deviseneinnahmen angewiesen. Die Firmen im Süden können auch ohne diese Sonderform der Billiglohn- Produktion überleben. 50 000 Arbeiter in Nordkorea wären vom Stopp betroffen, nicht einmal 1000 in Südkorea.

So weit hat der Norden die Logik der Debatten um eine Entschärfung des Koreakonflikts bereits ins Perverse verdreht. Selbst wenn er mit einer Handlung droht, die ihm selbst weit mehr Schaden zufügt als dem Süden und den USA, meinen manche, man müsse darauf eingehen. Und wenn andere aus dem Vorgehen ableiten, das Kim-Regime verhalte sich womöglich irrational, spielt ihm auch das in die Hände. Wer möchte einen Krieg aus Versehen riskieren?

Die Elite im Norden verhält sich nach den bisherigen Erfahrungen aber gar nicht irrational. Sie folgt nur mitunter anderen Mustern als den westlichen, weil ihr nach ihrer Analyse keine andere Wahl bleibt, wenn sie politisch überleben will. Zur aktuellen Krise hat aus Sicht der USA beigetragen, dass der Westen früher zu oft die eigenen Verhaltensregeln und Hoffnungen auf Nordkorea projiziert hat. Diesen Fehler will Amerika jetzt nicht wiederholen. Eine Erwartung war, dass Vereinbarungen eingehalten werden – zum Beispiel die von 2007, dass der Norden sein Atomwaffenprogramm beendet und dafür Energie, Lebensmittel und Devisen erhält. Nun möchte Pjöngjang den geschlossenen Atomreaktor wieder hochfahren, um dasselbe Zugeständnis ein zweites Mal verkaufen zu können. Die Amerikaner werden ohne Einhaltung der alten Verträge keine neuen Gespräche aufnehmen. Nun versucht Kim die USA durch Angriffsdrohungen zum Dialog zu zwingen. Aber soll man einem wortbrüchigen Regime mit Devisen, Energie und Lebensmitteln das Versprechen abkaufen, keinen Krieg zu beginnen?

Auch die Hoffnung, dass der Generationswechsel in der Führung zu einer Öffnung führen werde, hat sich nicht erfüllt – übrigens nicht nur in Nordkorea, sondern auch in Syrien. Kim Jong Un ging in der Schweiz zur Schule, Baschar al Assad wurde in Großbritannien ausgebildet. Die Auswahl ihrer Ehefrauen deutete ebenso Chancen für Modernisierung und Reformen an. Die Söhne von Diktatoren werden nicht automatisch zu allmächtigen Alleinherrschern. Sie müssen Rücksicht auf die sie tragenden Eliten und deren Interessen nehmen, den Sicherheitsapparat, der sie schützt, und das Militär, das in solchen Staaten zumeist den Großteil der Wirtschaft kontrolliert und kein Interesse an Reformen hat, die seine Dominanz bedrohen. Der Personenkult um Kim schafft ein falsches Bild. Westliche Analysen, die sich vor allem um ihn drehen, wiederholen diesen Fehler.

Die USA und Südkorea wollen den Norden gewiss kein zweites Mal für die bereits vereinbarte Beendigung des Atomprogramms bezahlen. Kim wiederum will es nicht aufgeben. Er hat Gaddafi, der dazu bereit war, stürzen sehen. Angesichts so unvereinbarer Ziele kann es wohl in absehbarer Zeit nicht zu neuen Verhandlungen kommen. Fürs Erste bleibt nur die Hoffnung, dass keine Seite den Krieg will und wirklich alle rational bleiben.

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