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NPD-Verbot: Kein Fall für Gerichte

Ein von SPD-Chef Beck und Innensenator Körting gefordertes Verbotsverfahren erscheint riskant und wenig durchdacht. Die NPD könnte sich so wieder als verfolgte Unschuld in Szene setzen. Allerdings haben die Union und allen voran Familienministerin von der Leyen auch nicht viel zu bieten.

Von Frank Jansen

Sie hetzt mit einem Hass, der eine Wiederholung des barbarischen Naziregimes befürchten lässt, sollte ihr je die Machtergreifung gelingen. Die NPD ist ein fanatischer Feind des „Systems“, wie sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung verächtlich nennt. Vollends unerträglich muss Demokraten jedoch erscheinen, dass die Neonazipartei sich zu einem Großteil aus Steuergeldern finanziert. Der Rechtsstaat fördert einen Aggressor, der ihn vernichten will. Da ist es nicht nur verständlich, sondern notwendige demokratische Hygiene, dass die SPD immer wieder und gerade jetzt, nach dem rassistischen Krawall in Mügeln, auf ein Verbot der NPD dringt. Die Logik erscheint klar: Die organisierten Rechtsextremisten etablieren sich, vor allem in der ostdeutschen Provinz, als Agentur zur Vertiefung von Ressentiments. Auch in Mügeln – wo die NPD bei der sächsischen Landtagswahl 2004 mit 9,7 Prozent bis auf eine einzige Stimme an die SPD herankam.

Dennoch erscheint fraglich, ob die Forderung nach einem Verbot, die SPD- Chef Kurt Beck und Berlins Innensenator Ehrhart Körting so vehement vortragen, durchdacht ist. Oder ob nicht nur der NPD erneut die Chance gewährt wird, sich als verfolgte Unschuld zu präsentieren – hämisch garniert mit dem Hinweis, nach dem Scheitern des Verbotsverfahrens im Jahr 2003 könne ihr das „System“ eh nichts mehr anhaben.

Was vermutlich stimmt. Schon weil die juristischen Hürden, die das Bundesverfassungsgericht vorgibt, politisch kaum zu überwinden sind. Die Union und ihre Innenminister halten nichts davon, die vom Verfassungsschutz geführten V-Leute in der NPD, darunter gewiss weiterhin hochrangige Kader, abzuschalten. Das ist nachvollziehbar: Warum sollte der Staat auf den Einblick ins Innenleben einer Partei verzichten, die als so gefährlich gilt, dass ein Verbot nötig erscheint? Das Dilemma ist der SPD bekannt. Wenn trotzdem ein Verbot gefordert wird, könnte man denken, en passant werde ein Argument für die nächsten Wahlkämpfe gegen CDU und CSU geschmiedet: Dass die Blockade eines Verbotsverfahrens indirekt Mitschuld an rechtsextremen Umtrieben bedeutet.

Die Union hat allerdings auch nicht viel zu bieten. Die gegenüber zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Rechts eher sture Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen verspricht plötzlich fünf Millionen Euro mehr, die längst zugesagt waren. Kanzlerin Merkel ruft zu Zivilcourage auf. Die CDU-Abgeordnete Kristina Köhler fordert „Integrationskurse für Rechtsextremisten“. Symbolpolitik pur. Außerdem erscheint absehbar, dass die Erregung über Mügeln, nicht nur in der Union, bald abflaut. Man erinnere sich an das Getöse des Aufstands der Anständigen, das im Sommer 2000 die Republik erfasste und nach dem Mediendebakel von Sebnitz rasch abgestellt wurde.

Notwendig wäre deutlich mehr Nachhaltigkeit in der Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus. Auf allen Ebenen. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung für das erste Halbjahr über 5300 rechte Straftaten meldet – und neun Haftbefehle. Und dass verdiente Initiativen gegen Rechts bürokratisch gegängelt werden und Jahr für Jahr um ihr finanzielles Überleben kämpfen müssen. Und es bleibt die Pflicht aller demokratischen Parteien und Verbände, ihre Mitglieder zu permanentem Engagement anzuhalten – auch gegen den vermeintlich tolerierbaren Alltagsrassismus. Vielleicht könnte sich so ein riskantes Verbotsverfahren gegen die NPD erübrigen.

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