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NSU-Terrorzelle: Viel Spannung, wenig Licht

Die SPD und Grünen fordern einen Bundestagsausschuss zur Zwickauer Terrorzelle. Aber so wichtig die Aufklärung der rechten Mord-Serie ist: ein Ausschuss auf Bundesebene ist dafür das falsche Instrument.

Von Frank Jansen

Die Sicherheitsbehörden haben sich im Fall der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gravierende Fehler geleistet. So erscheinen die Versuche des Thüringer Verfassungsschutzes, Ende der 90er Jahre die abgetauchten drei Neonazis über einen V-Mann mit 2500 Mark zu sponsern, um ihnen so auf die Spur zu kommen, als hochriskanter Übereifer, der noch eine fatale Wirkung haben könnte.

Sollte es zu einem NPD-Verbotsverfahren kommen, müssten sich die Antragsteller vom Bundesverfassungsgericht und den Anwälten der rechtsextremen Partei fragen lassen, ob der Staat punktuell selbst als Unterstützer der Terrorgruppe infrage kommt. Schon dies zeugt von der Notwendigkeit, die Aktivitäten der Sicherheitsbehörden bei der Suche nach Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe rigoros aufzuklären.

Kann es also gar nicht genügend untersuchende Gremien geben – in den Parlamenten und außerhalb? Viele Politiker, vor allem bei SPD und Grünen, sehen das offenbar so. Deshalb ist zu erwarten, dass nicht nur in Thüringen die von der Landesregierung eingesetzte Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer das Desaster aufarbeitet, sondern auch ein Untersuchungsausschuss im Bundestag. Dass er viel bewirken könnte, erscheint allerdings zweifelhaft.

Bedenken ergeben sich bereits angesichts der zeitlichen und inhaltlichen Konditionen. Ein Untersuchungsausschuss hätte nur anderthalb Jahre Zeit, um in den monströsen Fall mit mindestens zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und 14 Banküberfällen einzudringen. Mit dem Ende der Legislaturperiode im Herbst 2013 müsste das Gremium seine Arbeit schon wieder einstellen. Ob es nach der Wahl weiterginge und der nächste Bundestag einen Untersuchungsausschuss auch für zwingend hielte, kann niemand sagen. Wahrscheinlich ist nur, dass der Ausschuss in der knappen Zeit bis 2013 neben reduzierter Aufklärung reichlich Streit produzieren würde, wie er entlang parteipolitischer Grenzen üblich ist.

Kollidieren könnte die Arbeit der Abgeordneten zudem mit strafrechtlichen Aktivitäten von Bundesanwaltschaft und Polizei. Und unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen würden vermutlich wichtige Zeugen des Ausschusses die Aussage in Teilen oder ganz verweigern. Dagegen spricht auch nicht, dass eine Handvoll Ex-Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes offenbar schon der Kontrollkommission des Landtages ein paar brisante Details erzählt hat.

Sinnvoll wäre es, der Bundestag würde nach der Wahl 2013 beraten, ob angesichts der dann vorliegenden Erkenntnisse zum NSU ein Untersuchungsausschuss, der vier Jahre agieren könnte, noch nötig ist. Jetzt hingegen ist zu hoffen, dass die Schäfer-Kommission in Thüringen, kaum belastet von parteipolitischen Hintergedanken, Aufklärung schafft.

Und dass das Interesse der Medien an der Berichterstattung über Rechtsextremismus in Thüringen und bundesweit nicht wieder in eine konjunkturelle Abwärtskurve gerät.

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