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Meinung: „Nur ein Rädchen“

Womit ein Spitzenbeamter im Verkehrsministerium seinen Arbeitstag im Allgemeinen so füllt, das kann man sich ja noch halbwegs vorstellen – bestimmt feiert er ständig irgendwo im Land die Freigabe einer Autobahnbrücke. Oder sein Kollege aus dem Forschungsressort: auch kein langweiliger Job zwischen all den klugen Professoren.

Von Antje Sirleschtov

Womit ein Spitzenbeamter im Verkehrsministerium seinen Arbeitstag im Allgemeinen so füllt, das kann man sich ja noch halbwegs vorstellen – bestimmt feiert er ständig irgendwo im Land die Freigabe einer Autobahnbrücke. Oder sein Kollege aus dem Forschungsressort: auch kein langweiliger Job zwischen all den klugen Professoren.

Was aber treibt einen dazu, ein ganzes Arbeitsleben lang mit unendlichen und drögen Zahlenkolonnen zu hantieren und sich noch dazu regelmäßig mit Politikern anzulegen, die immer mehr Geld ausgeben wollen als ihnen zur Verfügung steht? Die Rede ist von Manfred Overhaus, dem Beamten, der seit Jahrzehnten für den Bundeshaushalt zuständig ist. Und der nach über 30 Jahren Staatsdienst Ende Juni in Pension geht.

Man darf wohl getrost davon ausgehen, dass Overhaus seinen Spaß mit den Haushaltstabellen hatte. Sonst hätte sich der Beamte im Bundesfinanzministerium wohl kaum so zielstrebig auf der Beamtenkarriereleiter nach oben gearbeitet – vom kleinen Referenten für Haushaltsplanung bis hin zum wohl bekanntesten Staatssekretär der Bundesregierung. Worin allerdings dieser Kick besteht, den man verspüren muss, wenn die Steuereinnahmen vorn und hinten nicht reichen und man am Ende doch noch ein paar Milliönchen zum Ausgeben findet, das hat Overhaus noch niemandem wirklich verraten.

Tatsache ist: Auch diesmal wieder wird Overhaus die meiste Arbeit mit dem Packen Papier gehabt haben, den sein Chef, Finanzminister Eichel, morgen ins Kanzleramt zur Kabinettsabstimmung tragen wird. Wobei der Beamte stets Wert auf die Feststellung legt, dass es Aufgabe von Politikern – und nicht von Beamten wie ihm – ist, die Gewichtung von Ausgaben und Schulden festzulegen.

Weil Politik schon immer etwas mit Geldausgeben zu tun hatte, traf Overhaus in seiner Amtszeit wohl jeden Minister mindestens einmal jährlich. Und weil man ihm nachsagt, er sei von Natur aus ein Sparsamer, gibt es auch Legionen bissiger Anekdoten über die Verhandlungen mit ihm. „Knochenhart" ist dabei noch eine der schmeichelhaften Beschreibungen des Overhaus’schen Verhandlungsstils. Wobei auch Gegner von Besonnenheit und Höflichkeit sprechen. Selbstverständlich gab es eine ganze Reihe von Versuchen, Overhaus loszuwerden. Doch der Beamte und „ewige“ Staatssekretär überstand alle Regierungswechsel, von rot zu schwarz und umgekehrt. Und manche sagen sogar, mit jedem neuen Finanzminister habe seine Macht zugenommen.

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