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Meinung: Nur fünf Prozent Soziales

„Wohin die Kirchen steuern" vom 6. April Die christlichen Kirchen in Deutschland müssen sich zunehmend in der säkularen Gesellschaft in ihrer Bedeutung rechtfertigen.

„Wohin die Kirchen steuern" vom 6. April

Die christlichen Kirchen in Deutschland müssen sich zunehmend in der säkularen Gesellschaft in ihrer Bedeutung rechtfertigen. Dies ist dem Relativismus unserer Zeit geschuldet. Die Menschen in dieser auf Trennung von Kirche und Staat bedachten Gesellschaftsordnung sollten indes erkennen, welchen Beitrag an ihrem Wohlergehen Kirchen über ihre Angebote leisten. Kirchen benötigen die Einnahmen ihrer Mitglieder (Kirchensteuern), die damit die Gesellschaft durch ihre Abgaben stützen. Dass der Staat hier den Kirchen bürokratisch hilft, darf man als sinnvolle Synergie von Verwaltungshandeln betrachten.

Christoph Schubert, Berlin-Spandau

Die Kirchen geben von ihren Kirchensteuern gerade mal ca. fünf Prozent für öffentlich soziale Zwecke aus. Allein durch die Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer werden die Kirchen bzw. deren Mitglieder um ein Vielfaches davon vom Staat subventioniert. In seinem „Violettbuch Kirchenfinanzen“ macht Carsten Frerk für das Jahr 2009 folgende Rechnung auf: Kirchensteuereinnahmen (katholische und evangelische): 9,3 Mrd. Euro, vom Staat zurückerstattete Kirchensteuer: 3 Mrd. Euro, Einsparung der Kirchen durch staatlichen Kirchensteuereinzug: 1,8 Mrd. Euro. Also: Ca. fünf Prozent geben die Kirchen von ihren Kirchensteuereinnahmen für öffentlich soziale Zwecke aus. Die Kirchensteuereinnahmen werden jedoch vom Staat zu ca. 50 Prozent subventioniert. Der überwiegende Teil der staatlichen Kirchensubventionen ist damit aber noch gar nicht benannt, z. B.: Steuerbefreiung der Kirchen, Religionsunterricht an den Schulen, Ausbildung von Theologen und Finanzierung von kirchlichen Lehrstühlen, Militärseelsorge, Zuschüsse zu Kirchentagen, Hilfs- und Missionswerken, Kirchenbauten und nicht zuletzt die Bezahlung von Kardinälen, Bischöfen und anderem Kirchenpersonal mit über 400 Millionen Euro im Jahr.

Ja, auch unser Kardinal Rainer Maria Woelki bezieht sein Gehalt vom Staat, ein Gehalt, von dem locker drei Kindergärtner/innen bezahlt werden könnten. „Es besteht keine Staatskirche“ heißt es eindeutig im deutschen Grundgesetz. Kann sich jemand daran erinnern, dass er je in einem demokratischen Prozess diesen Subventionen zugestimmt hätte? Wer hat diese Zahlungen bewilligt? Überwiegend Politiker, die gleichzeitig auch Kirchenmitglieder waren und sind. Gleich nach dem Krieg zum Beispiel der Katholik Konrad Adenauer, der bereits nach den großzügigen Schenkungen Mussolinis an den Vatikan dem Duce in einem Glückwunschtelegramm prophezeit hatte, dass sein Name in goldenen Buchstaben in die Geschichte der katholischen Kirche eingetragen werde.

Ralf Böhm, Berlin-Buckow

Die Katholische Kirche hat, obwohl zentral geleitet, in jedem Land ihr eigenes Gepräge. So ist sie finanziell arm in den armen Ländern und reich in den reichen. Doch der Geist in ihr, ihre spirituelle Ausrichtung, ist unbeschadet ihrer Situation in jeder Teilkirche gleich. Die Trennung zwischen Kirche und Staat, die in Deutschland laut Weimarer Reichsverfassung von 1919 besteht, wird durch abgeschlossene Reichs- und Landeskonkordate zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit der Vertragspartner erweitert. Diese Konkordate,

die beiden Seiten große Vorteile

geschenkt hat, ohne Not zu kündigen, wäre sehr unklug. Der Kirche würde kaum, nähme man ihr die finanziellen Mittel weg, daraus eine größere Spiritualität ihrer Mitglieder erwachsen. Dem Staat würde ein großes Problem beschert werden, wenn die Masse der sozialen und bildungstechnischen Einrichtungen, sowie die des Gesundheitswesens, die in der Trägerschaft der Katholischen Kirche sind, plötzlich nicht mehr existierten.

Karl-Hans Gehr, Berlin-Wilmersdorf

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