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Meinung: Nur recht und billig

Was beweist der Erfolg des neuen Preissystems der Bahn?

Auf Plakatwänden hat Bahnchef Hartmut Mehdorn schon mal „danke…“ gesagt, noch bevor es überhaupt losging. Der Ansturm der Frühbucher ist ihm Beweis genug, dass „unser neues Preissystem gut ankommt“. Doch erst am Sonntag ging es richtig los mit den neuen, heftig umstrittenen Tarifen. Was aber, Herr Mehdorn, beweisen 1,3 Millionen Frühbucher? Nichts!

Wer will schon vor Weihnachten in überfüllten Zügen stehend durch die Republik reisen? Deshalb gilt seit Jahren: Der rechtzeitige Kauf von Fahrkarten und die Reservierung von Sitzplätzen ist Bahnfahrern vor den Feiertagen so wichtig wie das Einkaufen der Weihnachtsgeschenke. So löst sich auch das Rätsel, warum die Bahn ausgerechnet im reisestarken Dezember ihr neues Preissystem einführt. Der Frühbucher-Erfolg war garantiert. Ein geschickter Schachzug also, ein etwas zu geschickter.

Was bringen die neuen Tarife wirklich? Für den Bahnchef sind sie ein Meilenstein. Denn Mehdorn ist angetreten, um aus dem Staatsbetrieb ein wettbewerbsfähiges, ja börsenfähiges Unternehmen zu machen. Und das bedeutet: Die alte Behördenbahn wird auf Rendite getrimmt. Die Preise – gestaffelt nach Strecken, Auslastung und Fahrzeiten – sind jetzt wichtige Instrumente, um die Züge gleichmäßig auszulasten. Denn nichts ist wirtschaftlich unsinniger als einen halb leeren Intercity durch die Lande rauschen zu lassen – nur weil es der Fahrplan so will.

Für die Fahrgäste heißt das vor allem: Abschied nehmen von der totalen Flexibilität. Zugegeben: Die meisten Bahnfahrten werden ohnehin nicht von heute auf morgen geplant. Doch das große Plus der Bahn bestand immer darin, dass sich die Kunden auch noch in letzter Minute für einen Zug entscheiden und als Bahncard-Besitzer trotzdem satte Rabatte einstreichen konnten. Damit ist es jetzt weitgehend vorbei.

Vorbei sind aber auch die Zeiten, in denen die alte Bundesbahn konkurrenzlos durch die Lande fuhr und dabei sogar Gewinne machte. Das Auto und mehr und mehr das Flugzeug machen der Bahn Konkurrenz, massive Konkurrenz. Aber der dringend notwendige Abschied von der Staatsbahn, die es allen recht und jedem billig machen sollte, war bis heute nicht gelungen. Mehdorns radikaler Umbau des Buchungssystems ist die Antwort darauf. Er kann nur hoffen, dass es ihm die Kunden wirklich danken. Auch nach Weihnachten.

Dieter Fockenbrock

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