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Ökologie: Brote im Tank

Die Bundesregierung sollte ihre gesamte Biosprit-Strategie zu den Akten legen. Andererseits könnten Energiepflanzen für Entwicklungsländer auch eine Chance sein, vom Klimaschutz zu profitieren. Nur: Wie schafft man es, die negativen Effekte zu begrenzen?

Für Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ist es eine schmerzliche Niederlage, dass er offenbar den Angaben der Autoindustrie geglaubt hat, dass es nur ein geringer Prozentsatz von Fahrzeugen sein würde, der den neuen Biosprit nicht verträgt. So ein Fehler ist in seinem Haus schon einmal passiert, als sich seine Mitarbeiter auf die Angaben der Industrie bei Dieselrußfiltern verlassen haben. Passiert so etwas öfter, diskreditiert das auch andere Gesetze aus dem Hause Gabriel. Das wäre mindestens so schädlich für den Klimaschutz wie Biosprit.

Die Idee vom Bauern als Ölscheich erweist sich nämlich noch vor ihrer Realisierung als Albtraum. Anstatt das Klima zu schützen, befeuern die Biokraftstoffe – und die Erwartungen des großen Geschäfts in der Zukunft – den Treibhauseffekt. Dafür werden mal direkt, mal durch Verdrängungseffekte tropische Regenwälder abgeholzt. Dabei entsteht viel mehr Kohlendioxid (CO2), als durch den Einsatz von Biokraftstoffen im Autoverkehr jemals eingespart werden könnte. Abgesehen davon entstehen bei der Produktion auch Methan und Lachgas, die eine viel verheerendere Treibhauswirkung haben als CO2.

Zudem erhöhen die Energiepflanzen den Druck auf das landwirtschaftlich nutzbare Land. Schon jetzt gibt es eine dramatische Flächenkonkurrenz zwischen der Nahrungs- und Futtermittelproduktion. Bisher waren die Schuldigen die USA und Europa. Sie waren die größten Importeure von Soja als Kraftfutter für Kühe, die Schweine- oder Geflügelmast. Und für die Sojaproduktion fällt der brasilianische Regenwald schon seit Jahrzehnten. Doch mit dem steigenden Wohlstand von Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien steigt auch das die Nachfrage nach Fleisch. Das Ergebnis sind höhere Lebensmittelpreise, für die Biokraftstoffe auch, aber nicht einmal in erster Linie verantwortlich sind. Doch die steigende Nachfrage nach Energiepflanzen verschärft das Problem.

Die Bundesregierung sollte ihre Biokraftstoffstrategie zu den Akten legen, denn mit einer Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe wird die Globalisierung nicht zu zähmen sein. Selbst wenn es Biotreibstoff-Pflanzen gibt, die nachhaltig produziert werden können, heißt das nicht, dass die Bauern nach diesen Kriterien über den Anbau entscheiden. Nahrungsmittel, womöglich auch noch für einen regionalen Markt, sind im Zweifel weniger lukrativ als Futtermittel für die europäische Milchproduktion oder eben Biokraftstoffe. Das lässt sich durch keine Nachhaltigkeitsverordnung der Welt beeinflussen.

Andererseits könnten Energiepflanzen für Entwicklungsländer auch eine Chance sein, vom Klimaschutz zu profitieren. Das könnte in den Verhandlungen über ein Klimaabkommen ein Pfund sein, das nicht einfach aufgegeben werden sollte. Die Frage ist nur: Wie schafft man es, die negativen Effekte zu begrenzen?

Es ist von einer nicht geringen Ironie, dass das Klima oder der Welthunger in der Debatte über den Einsatz von Biosprit nur eine untergeordnete Rolle spielen. Was die Strategie tatsächlich ins Wanken bringt, sind mögliche Schäden an Motoren, wenn der Anteil an Ethanol im Benzin auf zehn Volumenprozent erhöht werden darf. Die Tatsache, dass eine bis drei Millionen Autofahrer „Super plus“ tanken müssten, das rund 15 Cent teurer ist als Normalbenzin, hat mehr Wirkung als alle Warnungen vor weltweiten Verwerfungen.

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