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Meinung: Ohne Notbeleuchtung

Wenn das Licht ausgeht, wird das gern der Technik angelastet. Die muss halt verbessert werden.

Wenn das Licht ausgeht, wird das gern der Technik angelastet. Die muss halt verbessert werden. Und daraus, dass eine Verbesserung notwendig geworden ist, kann man niemandem einen Vorwurf machen.

Darum reden die Politiker sich so gern auf die Fehler der Technik heraus, wenn die Beleuchtung ausfällt. Sie können nichts dafür. Doch wenn es dunkel wird, weil ein Blitz eingeschlagen hat, dann muss wohl davon die Rede sein.

Die Kultusministerkonferenz auf der Wartburg in Eisenach hat sich eingehend mit dem Schock der Pisa-Studie befasst, in der die Bundesrepublik verheerend abschnitt. Man hat sich auf einheitliche Bildungsstandards in den Kernfächern verständigt. Die sollen festlegen, was Schüler jeweils am Ende einer Ausbildungsstufe wissen müssen.

Im Thüringer Landtag ist ein Bündnis gegen die Gewalt gefordert worden. In ganz Deutschland sei eine Debatte über den Umgang miteinander, über die Werte unserer Gesellschaft und die Bedeutung von Familie, Erziehung und Bildung zu führen.

Das würde gewiss nicht schaden, aber es genügt nicht. Denn so löst sich die Finsternis nicht auf, die Robert Steinhäuser, der 16 Menschen und sich selbst erschoss, über Thüringen und die Bundesrepublik gebracht hat. Er hatte das Gymnasium, das er besuchte, nachdem er ein ärztliches Attest gefälscht hatte, verlassen müssen. Es ist versucht worden, ihn einem anderen Gymnasium zuzuweisen, was scheiterte. Warum, ist noch nicht endgültig geklärt. Seiner Familie gegenüber jedenfalls tat er so, als besuche er weiter einen Unterricht.

Jetzt erst, spät, zu spät, wird gefordert, ein Examenssystem einzuführen, das keinen Schüler ohne Abschluss lässt, auch wenn er im Abitur scheitert (oder sein Berufsleben ohnehin ohne Abitur beginnt). Auch für Jugendliche, welche die Prüfung nach der 10. Klasse nicht bestehen, müsse wenigstens ein Hauptschulabschluss gesichert werden, forderte Professor Will Lütgert, wie der „Tagesspiegel“ berichtete.

Es ist oft genug davon die Rede gewesen, auch und gerade an dieser Stelle, dass für die Lebens- und Berufswege, die nach dem Scheitern des Abiturs oder ohne Abitur beginnen, Verbesserungen geschaffen werden müssen. Das Licht ist nicht erloschen, weil die Technik versagte – es wurde dunkel, weil man sich ja auf ihren Ausfall herausreden konnte und niemand ein Notbeleuchtungssystem vorgesehen hatte.

Jetzt erst wird im Thüringer Landtag gefordert, ein Examenssystem einzuführen, das keinen Schüler mehr ohne Abschluss lässt. Thüringen hält derzeit noch den Rekord mit 13 Prozent abschlussloser Schulabgänger.

Es ist dunkel geworden, weil der Blitz einer unsäglichen Tat eingeschlagen hat. Die „Botschaft von Erfurt“, von der so oberflächlich die Rede ist, lässt sich nicht als technische Panne abtun.

Gerhard Mauz ist Autor des „Spiegel“. Foto: Dirk Reinartz

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