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Olympia in China: Stille Diplomatie, stumme Spiele

China zensiert das Internet, auch für ausländische Journalisten und Sportler. Seit 1980 hat die Welt keine so unfreien Spiele mehr erlebt. Schuld trägt auch das IOC.

Nun ist es offiziell: Chinas Internet wird auch während der Olympischen Spiele zensiert. Die angereisten Sportler, Journalisten und Funktionäre werden nur das lesen dürfen, was Chinas Zensoren ihnen zugestehen. Wer versucht, die Webseite der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, bestimmte ausländische Medien- oder Tibetseiten zu öffnen, bekommt eine Fehlermeldung zu sehen. Dieser Zugang sei „ausreichend“, erklärte ein Sprecher. Pekings Vorgehen ist nicht nur ein Bruch des Versprechens, dass Journalisten und Teilnehmer der Spiele „freien Zugang“ zu Informationen und zum Internet haben würden. Peking stößt auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Weltgemeinschaft vor den Kopf. Ursprünglich hatte die Hoffnung bestanden, dass während der Spiele in ganz China oder zumindest in Peking das Internet geöffnet werde. Nun erlauben die Organisationen nicht einmal im Pressezentrum und an den Sportstätten den freien Informationsfluss.

Wirklich überraschend ist das nicht. Pekings Führer haben in den vergangenen Monaten klargemacht, dass sich durch Olympia nichts an ihrem starren System ändern wird. Die Unterdrückung nahm sogar zu: Bürgerrechtler, Anwälte und Aktivisten wurden verhaftet oder zwangsweise in andere Provinzen verfrachtet. In Tibet ließ Peking die Unruhen mit Militärgewalt niedergeschlagen und erklärte dann – um keine Zeugen zu haben – das Hochland zum Sperrgebiet für Journalisten. Das IOC hätte schon lange einschreiten müssen, um diesen Kontroll- und Überwachungswahn zu stoppen. IOC-Präsident Jacques Rogge und seine Funktionäre hätten deutlich machen müssen, dass die Ausrichtung des weltgrößten Sportereignisses zu Werten wie Freiheit und Gerechtigkeit verpflichtet. Stattdessen wählte das IOC den bequemen Weg der „stillen Diplomatie“ und nickte alles ab. Auch bei der Zensur des Internets knickte es ein. Seit Moskau 1980 hat die Welt keine so unfreien Spiele erlebt wie nun in Peking. Die Schuld daran trägt auch das IOC.

Harald Maass

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