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Meinung: Operation Gesichtswahrung

Im Gazakonflikt steigen die schwachen Chancen auf eine Waffenruhe

W er kann dem Blutvergießen im Gazastreifen ein Ende bereiten? Die Israelis wollen nicht, die Palästinenser ebenso wenig. Die amerikanische Regierung riskiert in der Schlussphase des US-Wahlkampfes keinen neuen Misserfolg mit irgendwelchen chancenarmen Initiativen im Nahen Osten. Der Sicherheitsrat ist auch deshalb derzeit genauso gelähmt wie das Nahost-Quartett. Der UN-Generalsekretär ist zwar eine moralische Instanz, hat aber keine politische Potenz.

Kurzfristig scheint die Lage hoffnungslos. Doch mittelfristig – also nicht mehr diese, eher schon nächste, fast sicher aber übernächste Woche – kommt die Feuerpause. Es wird zwar kein schriftliches Abkommen über die Beendigung der Kampfhandlungen geben, aber es wird ein Waffenstillstand ausgehandelt werden.

Wenn nicht alles täuscht, liegt der Schlüssel dazu in Kairo. Der Chef des sicherheitspolitischen Stabes im israelischen Verteidigungsministerium, Reservegeneral Amos Gilad, weilt derzeit in Ägypten. Offiziell nur zu Gesprächen über Israels Loslösungsplan, also den Abzug aus dem Gazastreifen in über einem Jahr. Wenn die Gastgeber dies wünschten, könnte er auch über eine Feuerpause sprechen, lässt Jerusalem verlauten.

Deutlicher geht’s nicht. Wenn die Ägypter bereit, ja interessiert sind nach dem israelischen Abzug wieder eine bedeutende Rolle im Gazastreifen zu spielen, warum sollen sie dann nicht schon jetzt eingreifen? Sie genießen das beschränkte Vertrauen beider Konfliktparteien, haben in der jüngsten Zeit nicht nur ihren guten Willen mehrfach bewiesen, sondern auch ihr Durchsetzungsvermögen.

Vielleicht aber sind die israelischen Militärs und die palästinensischen Kämpfer doch schneller als ihre eigenen Politiker und die Ägypter: Offiziell haben beide Seiten irgendwelche Kontakte über einen Waffenstillstand lange bestritten. Doch Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas spricht von unakzeptablen palästinensischen Forderungen auf örtlicher Ebene. Jetzt wird also doch geredet.

Wenn der Raketenbeschuss israelischer Ortschaften und die Mörserattacken gegen jüdische Siedlungen durch Hamas-Kommandos weiter abnimmt – ob gewollt oder wegen des militärischen Drucks – dann könnten die israelischen Offiziere ihren vorgesetzten Stellen melden: Operationszweck erfüllt, Raketen- und Mörserbeschuss auf ein Minimum reduziert. Die Armee könnte sich zurückziehen, ohne dass sie oder die Hamas ihr Gesicht verlieren.

Doch sollte dann Ariel Scharon aus innenpolitischen Gründen weiterhin den starken Mann markieren wollen oder müssen, wäre die Chance einer relativ baldigen Waffenruhe vertan. Dann blieben – zumindest bis nach den amerikanischen Wahlen – wirklich nur noch die Ägypter als Hoffnungsträger für ein ausgehandeltes Ende des Blutvergießens.

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