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Pakistan: Abschied in Zivil

Der Rücktritt von Präsident Musharraf zeigt, dass Pakistan demokratischer wird. Läuft es gut, kommt es nun statt eines Machtvakuums zu einer Machtkonzentration bei den zivilen Kräften. Läuft es schlecht, zerfleischen sich die Koalitionspartner bald gegenseitig, weil ihnen der gemeinsame Feind fehlt.

Pakistans zurückgetretener Präsident Musharraf war ein hervorragender Taktiker. Zwar hat er sich am Schluss verspekuliert, was die Zuneigung seiner Landesleute betraf, den Westen aber hat er jahrelang davon überzeugt, dass ohne ihn Pakistan als Verbündeter verloren wäre.

Musharraf setzte als Militärdiktator ohne Rücksicht auf Wähler handstreichartig Entscheidungen durch, die einen zivilen Parteichef mindestens das Amt gekostet hätten. Und den folgenreichsten Beschluss im Herbst 2001 konnte nur ein Militär in die Tat umsetzen: die 180-Grad-Wende, als der General alle Rückendeckung für die Taliban fahren ließ und den US-Angriff auf Afghanistan unterstützte.

Trotzdem spielte Amerikas wichtigster Alliierter im Kampf gegen den Terror ein doppeltes Spiel. Der mächtige Geheimdienst ISI hat unter Musharraf weiter seine Verbindungen zu den Islamisten gehalten und seinen Teil zur Instabilität in Afghanistan beigetragen. Zwar hat Pakistan selbst hunderte Soldaten im Kampf gegen Extremisten in den Stammesgebieten verloren, der Präsident war Ziel mehrerer Anschläge. Andererseits hat Musharraf, wann immer es ihm passte, innenpolitisch mit den Islamisten paktiert und diesen bei den Wahlen 2002 mit dubiosen Mitteln sogar zu einem nie dagewesen Stimmengewinn verholfen. Selbst die vollmundig angekündigte Reform der Koranschulen nach den Londoner Anschlägen vom Juli 2005 wurde nie mehr als ein Lippenbekenntnis.

Mit Musharrafs Rücktritt ist die Atommacht Pakistan nicht führerlos geworden. Die beiden zivilen Machthaber, der Bhutto-Witwer Asif Ali Zardari und Ex-Premier Nawaz Sharif, sind zwar nicht die vertrauenswürdigsten Figuren. Doch läuft es gut, kommt es nun statt eines Machtvakuums zu einer Machtkonzentration bei den zivilen Kräften. Erst jetzt, mit dem Rücktritt, sind die demokratischen Wahlen vom Februar ganz vollzogen. Zwar könnte es auch schlecht laufen, und sich die Koalitionspartner bald gegenseitig zerfleischen, weil ihnen der gemeinsame Feind fehlt. In jedem Fall aber ist Musharrafs Abgang eine Chance für Pakistan, den demokratischen Weg weiterzugehen. Und nur der stoppt letztlich den Zufluss zu den Extremisten. Auch deshalb hatten die USA Musharraf im vergangenen Jahr zu einem Deal mit der früheren Regierungschefin Benazir Bhutto gedrängt.

Musharrafs Nachfolger als Armeechef, Pervez Kiani, stellt sich der demokratischen Chance bisher nicht in den Weg: Er ist Musharraf in den vergangenen Tagen nicht zur Hilfe geeilt. Offenbar ist die stärkste Institution im Land wirklich daran interessiert, sich aus dem öffentlichen Teil der Politik zurückzuziehen. Dennoch, und das hat für Pakistans Nachbarn und die Nato die höchste Priorität, bleibt das Militär bis auf Weiteres die treibende Kraft in der Außen- und Sicherheitspolitik.

Das bedeutet, dass trotz Musharrafs Rücktritt hier wohl kein entscheidender Wandel und keine Abkehr von bisherigen Verbündeten stattfinden wird. Die vom Volk gewählte, zivile Regierung wiederum hat schon klar gemacht, dass sie die islamischen Extremisten nicht nur als Feinde des Westens, sondern auch als Feinde Pakistans sieht. Und das könnte der Auseinandersetzung mit den Islamisten deutlich mehr Glaubwürdigkeit verleihen.

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