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Tagesspiegel-Kolumnist Helmut Schümann.

© Karikatur: Tagesspiegel

Papst-Rücktritt: Das letzte Geläut

Sind alle letzten Fragen zum Rücktritt des Papstes gestellt? Nein. Unklar ist noch ob die Glocken läuten, wenn Benedikt abtritt. Unser Kolumnist Helmut Schümann nennt das mal eine wichtige Frage.

Nun sind die meisten der letzten Fragen beantwortet. Ob Benedikt noch Benedikt bleibt nach dem 28. Februar um 20 Uhr (er bleibt). Oder ob er Rente bezieht (er bezieht, und zwar 2500 Euro). Nur eine letzte Frage umtreibt den gläubigen Christen noch: Was werden eigentlich unsere Glocken machen? Werden sie still schweigen? Oder laut klingen? Letzteres war schier ewige Zeiten üblich zum Ende eines Pontifikats, das ist die Amtszeit des Papstes. Und zwar überall auf der Welt, von allen Kirchtürmen, als allerletztes Geläut.

Aber Benedikt lebt ja noch, ist es dann nicht etwas verfrüht, ihm zu Ehren das Totenglöcklein zu läuten? Mit Glocken kann man ja allerhand Schindluder treiben, wie jeder bezeugen kann, der in der Nähe einer Kirche wohnt und nächtens die Stunden geschlagen bekommt, und die Viertelstunden, die Halbenstunden, und die Dreiviertelstunden auch.

Andererseits kann man mit Glocken auch himmlischen Krach machen. Erinnert sei an den tapferen katholischen Pfarrer Ulrich Boom aus Miltenberg in Franken. Der hat vor Jahren zur Unzeit alle ihm zur Verfügung stehenden Glocken mit Namen versehen, hat also die große „Mutter Gottes“, den „Jakobus“, den „Johannes Nepomuk“, Bonifatius“, „Pius“ und „Kilian“ angeworfen und auf diese Weise eine Demonstration der NPD vom Marktplatz gejagt.

Glocken also sind Fluch und Segen. Wenn ein Papst stirbt, legen Läuteordnungen fest, wie lange welche Glocke klingt. Auch die Reihenfolge ist nicht beliebig. Das weiß man vielleicht nicht, der gerade noch Mittfünfziger wusste es zumindest bislang nicht, wie man ohnehin eine Menge dazugelernt hat, seit Benedikt angekündigt hat, seine päpstliche Soutane samt Zingulum und Pileolus an den Nagel zu hängen.

Zum Beispiel, dass es in Deutschland einen „Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen“ gibt. Dem saß jahrzehntelang der Diplomingenieur Kurt Kramer vor. Und zwar so fleißig und umtriebig, dass man ihn sogar „Glockenpapst“ nennen darf. Ist es dann nicht Gebot der Stunde, den Glockenpapst zu befragen, wenn der Kollege zurücktritt? Der Glockenpapst ist auf jeden Fall für ein gewaltiges Geläut, ein Brausen und Donnern, mit den gleichen Glocken, die Benedikt vor acht Jahren begrüßten. Die Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Trier bei ihrer Frühjahrsvollversammlung (man lernt in diesen Tagen wirklich eine Menge dazu) hingegen tendiert dahin, das Ende Benedikts als Papst in aller Stille zu begleiten. Was einerseits das Weiterleben Benedikts berücksichtigt, andererseits seinen Rücktritt nur schweigend zur Kenntnis nimmt. Und das wäre fast schon ein Paukenschlag.

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