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Nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland könnten Europa und der Euro dort in den Hintergrund Rücken.

© dapd

Paris-Athen-Berlin: Getrennte Wege in Europa

In Paris und Athen spielte die wirtschaftliche Lage, spielte die europäische Politik, spielte die europäische Währung eine ganz entscheidende Rolle für den Ausgang der Wahlen. Das hat Auswirkungen auf eine dritte Hauptstadt: Berlin.

Auf den ersten Blick scheint es zwischen den Präsidentschaftswahlen in Frankreich und den Parlamentswahlen in Griechenland wenig Verbindendes zu geben. Die Franzosen haben einen Präsidenten aus dem Amt gejagt, vor allem, weil sie sein Auftreten als würdelos und die Nation beleidigend empfanden. Die Griechen ließen ihre kollektive Wut an zwei mehr oder minder maroden und abgewirtschafteten langjährigen Regierungsparteien aus.

Aber in beiden Ländern spielte die wirtschaftliche Lage, spielte die europäische Politik, spielte die europäische Währung eine ganz entscheidende Rolle für den Ausgang der Wahlen. Die Politik in den Hauptstädten Athen und Paris wird ab sofort eine andere sein. Hier wie dort haben Kräfte gesiegt, die weniger sparen als Wachstum stärken wollen, wo auch immer das Geld dafür herkommt. Das hat Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen in einer dritten Hauptstadt: in Berlin.

Die Wahl in Frankreich in Bildern:

François Hollande sieht sich ohne Zweifel – wie alle seine Vorgänger – der deutsch-französischen Zusammenarbeit verpflichtet und verbunden. Wie der erste Sozialist im Elysée-Palast, François Mitterrand vor mehr als 30 Jahren, weiß er, dass der Antrieb auch in der gewachsenen Europäischen Union zu einem wesentlichen Anteil über die Achse Paris – Berlin, früher Paris – Bonn, läuft. Aber er wird den Fiskalpakt, der die Staaten zur Haushaltsdisziplin erziehen soll, durch eine Investitionskomponente anreichern wollen und er wird von diesem Ziel gerade in den kommenden Wochen keine Abstriche machen, mindestens bis zum Abschluss der beiden Wahlgänge zur Nationalversammlung im Juni.

Bei Angela Merkel wird mit François Hollande in wenigen Tagen ein Präsident im Wahlkampf seinen Antrittsbesuch machen. Wesentlich heikler als die auf Stabilität ausgerichtete deutsch-französische Diplomatie wird die Zukunft der europäisch-griechischen Beziehungen sein. So verständlich der Zorn der griechischen Wähler auf die sozialistische Pasok und die konservative Nea Demokratia ist, macht er sich doch an den falschen Ereignissen fest. Beide Parteien wurden für ihre rigorose Sparpolitik bestraft. Sie hätten aber schon Jahre zuvor von den Wählern verbannt werden müssen, weil sie nichts getan haben, um handlungsfähige Staatsstrukturen zu schaffen und eine tragfähige Perspektive für das Land zu entwickeln.

So haben die Griechen gewählt:

Die Komplizenschaft zwischen denen, die bequem leben wollten, und jenen, die ihre Regierungen durch Ämter- und Familienpatronage an der Macht hielten, war für alle Beteiligten verführerischer als die Wahrheit. Die Schlussfolgerung, die die Wähler jetzt zogen, ist jedoch falsch. Setzt Griechenland den Sparkurs aus, ist das Land morgen pleite – und das wird den Griechen mehr weh tun als dem Rest Europas.

Dennoch könnten beide Wahlergebnisse für Angela Merkels in erster Linie auf finanzielle Solidität ausgerichtete Europastrategie zum Problem werden. Ein Griechenland, das zu seiner Gesundung keinen eigenen Beitrag mehr leisten will, und ein Frankreich, das mit einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik symbolisch Nordeuropa verlässt und Richtung Südeuropa, also weg von der Etatdisziplin, abdriftet – das bedeutet, dass Deutschland nur noch wenige, zu wenige Verbündete hat. Wenn aber die internationalen Finanzmärkte Frankreich, der zweitstärksten Industrienation der Europäischen Union, das Vertrauen zu entziehen beginnen, schwächt das den Euro. Dieses Land alleine wird ihn nicht stabilisieren können.

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