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Parlamente: Taktisches Foul

Die Opposition boykottiert die Betreuungsgeldabstimmung, das Europäische Parlament erpresst die Innenminister. Beides ist streng genommen unfair gespielt, doch manchmal muss das taktische Foul kurz vor dem Strafraum eben sein.

Von Anna Sauerbrey

Außer einem Journalisten des Quasi-Haussenders Phoenix war kaum ein Medienvertreter im Bundestag anwesend, als es passierte: als Petra Pau die Sitzung wegen Beschlussunfähigkeit beenden musste. Eine Abstimmung über das Presse-Grosso – für die Branche wichtig, für die Abgeordneten wohl nicht. Viele fuhren schon mal ins Wochenende; und die Berichterstatter wollten erst zum Betreuungsgeld-Debatte kommen.

Unterhalb des medialen Radars bleibt oft auch das Europäische Parlament, das sich in dieser Woche zu einer nicht minder spektakulären Aktion entschloss. Große Teile des Parlaments lehnen die Pläne der Innenminister ab, Grenzkontrollen in bestimmten Fällen wieder einzuführen. Leider haben sie bei dieser wichtigen Frage kein Mitspracherecht. Also wollen die Parlamentarier fünf andere Gesetzesvorhaben ablehnen, darunter eine Vorlage zur inneren Sicherheit.

Mit CSU-Generalsekretär Alexander-Dobrindt könnte man nun aufspringen und empört „miese Tricks“ und „schmutzig gefoult“ rufen. Geschäftsordnungstricks oder unsachliche Erpressung sind vielleicht wirklich nicht die feine Art. Doch dort, wo sie einer drögen Veranstaltung etwas Leben einhauchen (Bundestag) oder ein strukturelles Mitbestimmungsdefizit kreativ lösen (Europäisches Parlament), darf auch mal der übliche parlamentarische Gang angehalten werden.

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