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Silvio Berlusconi hat die Wahl in Italien aufgewirbelt.

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Parlamentswahl in Italien: Ein schwarzer Montag für Europa

Schon oft hat Italien kurios gewählt. Doch noch nie hat das Wohl von ganz Europa auf dem Spiel gestanden. Die Wahl zeigt: Italien bleibt anfällig für Populisten wie Berlusconi. Und die Europäer müssen hilflos zuschauen.

Es war ja schon oft recht kurios, was Italiens Bürger an den Wahlurnen zustande brachten. Nicht nur, dass sie an die 20 Jahre lang dem unsäglichen Silvio Berlusconi eine tragende Rolle in der Politik erlaubten. Auch früher schon blickte man oft erstaunt über die Alpen, wenn dort zum Beispiel ein Giulio Andreotti sieben Mal Ministerpräsident werden durfte oder ein Bettino Craxi an die Spitze kam, der später wegen Schmiergeldaffären zu insgesamt 28 Jahren Gefängnis verurteilt wurde und deshalb nach Tunesien floh. Wirklich geschadet hat derlei dem Land trotz allem nicht. Zumindest die Wirtschaft brummte meist zuverlässig. Weshalb man sich im restlichen Europa ein wenig wunderte, aber dennoch entspannt mit den Schultern zucken konnte: Ist doch egal, wen die in Italien wählen.

Heute ist das völlig anders. Wahlen in Italien sind Wahlen in Europa. Und von deren Ausgang hängt Wohl und Wehe der gesamten Union ab. Italien ist nicht Griechenland oder Zypern, Italien, das sind 50 Millionen Stimmberechtigte, Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der EU. Wenn Italien stürzt, dann wankt auch die Europäische Union.

Und Europa kann keineswegs aufatmen, so scheint es jedenfalls nach den Hochrechnungen. Nachdem die Wahllokale um 15 Uhr geschlossen hatten, entwickelte sich ein Wahlkrimi, der auch am späten Abend noch keine Auflösung erhielt. Eine Mehrheit für das Mitte-links-Bündnis im Abgeordnetenhaus, so viel steht fest, aber womöglich ein Sieg Berlusconis in der zweiten Parlamentskammer, im Senat, der nach einem anderen Wahlrecht zusammengesetzt wird. Würde sich das bestätigen, so wären das gleich zwei Horrorszenarien zusammen.

Dass der Staatsbankrotteur Silvio Berlusconi sich erneut so viele Stimmen zusammengetrommelt hat, ist ja nur das eine. Das andere: Der Senat ist mit dem Abgeordnetenhaus gleichberechtigt. Nur wer in beiden Kammern eine Mehrheit hat, kann Italien regieren. Möglicherweise hat das Mitte-links-Bündnis dieses Ziel ebenso verfehlt wie das Berlusconi-Lager. Eine Regierungskoalition der Sozialdemokraten unter ihrem Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani mit dem bisherigen Ministerpräsidenten Mario Monti ist demnach nicht möglich. Italien ist unregierbar.

Das aber ist nur die eine Seite des italienischen Dramas. Die Wahl zeigt auch, dass Italien für populistische Parolen anfällig bleibt. An die 25 Prozent für die allzu wohlfeilen Wutausbrüche der Antiparteien-Partei des Komikers Beppe Grillo belegen das. Und die 30 Prozent für Berlusconi sowieso. Mehr als jeder zweite italienische Wähler also ist populistischen Verlockungen erlegen. Eine ziemlich schauerliche Vorstellung, die für Italiens Zukunft nichts Gutes erhoffen lässt. Die Krankheit Berlusconi ist noch lange nicht geheilt.

Für Europa heißt das: Das internationale Vertrauen in das Land, das Mario Montis strikte Sparpolitik wiedererrungen hat, nachdem Silvio Berlusconi mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt worden war, ist nun dahin. Kursstürze an den Börsen haben schon begonnen, die Kosten für die Beschaffung von Staatskrediten werden in die Höhe schießen und die ohnehin gigantische Verschuldung des Landes weiter beschleunigen. Eine schiefe Ebene, auf der es nur eine Richtung gibt – abwärts. Und Italien wird keineswegs allein rutschen.

Dieser Montag war ein schwarzer Montag für Europa.

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