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Meinung: Perspektivwechsel

„Lob des Teilzeitjobs“ vom 9. September Vorweg sei gesagt: Frau Hertlein konnte die von ihr und ihrem Mann getroffenen Entscheidungen für mehr Familienzeit und Lebensqualität aus einer privilegierten Position heraus treffen.

„Lob des Teilzeitjobs“ vom 9. September

Vorweg sei gesagt: Frau Hertlein konnte die von ihr und ihrem Mann getroffenen Entscheidungen für mehr Familienzeit und Lebensqualität aus einer privilegierten Position heraus treffen. Als Doppelverdiener, die sich wirtschaftlich sicher auch strategisch aufstellen konnten, hatten sie die Wahl. Wenn wir über Familien, insbesondere Frauen sprechen, denen sich aufgrund ihrer guten wirtschaftlichen Situation überhaupt ein Entscheidungsspielraum darüber eröffnet, ob sie in Vollzeit, Teilzeit oder auch phasenweise gar nicht erwerbstätig sein wollen, so stimme ich der Autorin zu.

Die aktuelle Generation der 35–45jährigen gut ausgebildeten Frauen, die vieles bis alles gleichzeitig sind und können, darf sich fragen, wie viel von dem, was sie tagein, tagaus an Energie, Zeit, Wissen, Empathie etc. gibt, zu mehr Lebensqualität führt? Woran werden wir uns in 10, 20 oder 30 Jahren nicht nur gut, sondern auch sehr gerne erinnern? Wie viel von dem, was wir tun, ist Funktionieren

in gut eingeübten und verinnerlichten Rollen? Was von dem ist hingegen selbstbestimmtes Agieren, Gestalten und

nicht zuletzt Leben? Im Übrigen stellen sich diese Fragen Männern gleichermaßen. So unterschiedlich die physischen und seelischen Belastungsgrenzen des oder der Einzelnen beim Spagat zwischen Beruf und Familie sind, so individuell sind die Antworten, die Paare für mehr Lebensqualität finden können.

Der von Frau Hertlein beschrittene Weg hat seinen Charme. Im Jahr 2013 erfordert ein echtes Bekenntnis zu Teilzeit oder Nullzeit im Job Mut. Denn es verlangt einen Perspektivwechsel auf das, was war, was kommen soll und nicht

zuletzt auf sich selbst.

Amina Beyer-Kutzner,

Berlin-Lichterfelde

Als Geringverdiener ist die Altersversorgung aber zu wenig, um damit auszukommen. Und bei qualifizierten Tätigkeiten geht es nicht nur um das Geldverdienen, sondern um Freude an der Arbeit, am Erfolg – nennt man das Selbstverwirklichung? Ist es nicht ein gesellschaftlich-politisches Ziel, Beruf und

Familie miteinander vereinbaren zu

können? Qualifizierte Betreuungsmöglichkeiten für Kinder zu schaffen, die Gleichberechtigung der Frauen auch im beruflichen Bereich voranzubringen? Vor Jahren wurde davon gesprochen und versprochen, dass die 30-Stunden-Woche zum Normalfall werde. Wenn beide Ehepartner je 30 Stunden arbeiten, ließe sich das mit Kindern und Familie bestens vereinbaren. Davon ist heute keine Rede mehr, im Gegenteil, die Anforderungen an Arbeitnehmer sind eher gestiegen. Es gibt noch viel zu tun – aber über ein Ausweichen auf einen Teilzeitjob wird nichts erreicht.

Eva-Maria Birth, Berlin-Lichterfelde

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